Eine neue Arbeitsmarktpolitik tut not

■ Fachkonferenz zeigt: Weil die Arbeitslosigkeit zunimmt, sind Reformen der Programme notwendig

Berlin. »Alle wollen was ändern, nur keiner weiß genau wie«, so kommentierte eine Teilnehmerin die vorgelegten Ansätze für eine Neuorientierung der Arbeitsmarktpolitik auf der Fachkonferenz zur Arbeitsförderung in Berlin und Brandenburg. Und das, obwohl nach Angaben des Präsidenten des Landesarbeitsamtes Berlin/Brandenburg, Reinhard Wohlleben, von Ende 1989 bis zum letzten Quartal 1991 in den neuen Bundesländern und Ost-Berlin bereits 3 Millionen Arbeitsplätze verlorengegangen sind. Für 1992 rechnet er nochmals mit einer Million, wobei ein Viertel der gesamten Beschäftigungslosigkeit auf die Hauptstadt und Brandenburg entfallen werde. Rund 1.400 BesucherInnen informierten sich auf der Konferenz, die von der Senatsverwaltung für Arbeit und Frauen und deren Schwesterministerium aus Brandenburg im Haus am Köllnischen Park, dort, wo einst SED und FDGB die Avantgarde schulten, veranstaltet wurde.

Staatssekretär Peter Haupt von der Senatsverwaltung für Arbeit und Frauen konstatierte in seiner Eröffnungsrede eine schwierige Arbeitsmarktsituation. Zwar seien konkrete Lösungen noch nicht in Sicht, grundsätzlich sei aber eine integrative Politik zu entwickeln. Denn »alle haben mittlerweile verstanden«, so Haupt, »daß Arbeitsmarktpolitik ohne eine enge Verzahnung mit Wirtschafts-, Struktur- und Finanzpolitik zur Hilflosigkeit verdammt ist«. Ansatzpunkte für neue Wege sieht er unter anderem in einer senatsfinanzierten Kapitalbeteiligungsgesellschaft, die Ausgründungen aus ABM-Projekten fördern könnte. Unterstützung bei der Erschließung von osteuropäischen Märkten, Lohnkostenzuschüsse, spezielle Frauenförderprogramme, Effektivierung der ABM- Trägerstrukturen sind einige angedachte Elemente im Senat. Spätestens im Herbst 1992 soll eine Neufassung des arbeitsmarktpolitischen Rahmenprogramms beschlossen werden.

Im Umland hingegen ist das neu konzipierte Arbeitsmarktprogramm »Qualifizieren und Arbeit für Brandenburg 1992« mit 225 Millionen Mark bereits angelaufen. Trotz dieser Konzepte kritisierten die TeilnehmerInnen heftig die geringe Effektivität dieser Programme, und am Schluß der Tagung wurde unter anderem vom Berliner Verband der Arbeitsförderungs- und Beschäftigungsgesellschaften (BVAB) ein Forderungskatalog vorgelegt: Einrichtung eines zentralen Fonds zur ressortübergreifenden Finanzierung von Arbeitsplätzen, verstärkte Vergabe von öffentlichen Mitteln an die Beschäftigungsgesellschaften und ein arbeitsplatzsicherndes Wirtschaftsstrukturprogramm für Berlin und Brandenburg. Stefan Lutz