Bündnis 90 vertagt Fusion mit AL

■ Delegiertenversammlung von Bündnis 90 ohne geplante Ergebnisse/ Vorstandswahlen abgebrochen/ Quotierung beschlossen, aber nicht umgesetzt/ Auf Landesebene nicht handlungsfähig?

Berlin. Katzenjammer beim Bündnis 90. Auf einer Landesdelegiertenversammlung am Samstag konnten sich die Bürgerbewegten nicht auf einen Antrag über die künftige Perspektive des Bündnis 90 und einen Zusammenschluß mit den Grünen verständigen. Die Neuwahl des Geschäftsführenden Ausschusses (GA), der Funktionen eines Vorstandes hat, endete ebenfalls mit einem Eklat. Nur vier der zehn Kandidaten erreichten die nötige Mehrheit für einen Sitz in dem siebenköpfigen Gremium. »Anders als auf Bezirksebene sind wir auf Landesebene offenbar praktisch nicht handlungsfähig.« Dieses düstere Fazit zog Uwe Lehmann vom amtierenden GA nach der Versammlung. Lehmann, der als Mitglied des Bundesvorstandes von Bündnis 90 nicht wieder für den Landes-GA kandidierte, richtete seine Hoffnungen gestern auf eine geplante Fortsetzung der Versammlung am kommenden Montag.

Dort soll erneut der Leitantrag des amtierenden GA beraten werden, in dem die Westberliner Grünen/AL als »unsere Verhandlungspartner« herausgehoben werden, »mit denen uns ein langer Weg politischen Handelns verbindet«. Am Samstag ebenfalls nicht verabschiedet wurde ein Zeitplan, nach dem ein Zusammenschluß »auf einer Gründungsversammlung Anfang 1993« besiegelt werden »kann«. Mehrere Redner unter den 52 Delegierten setzten sich dafür ein, zunächst das Bündnis 90 als eigenständige Organisation zu stärken. Bei den GA-Wahlen erreichten drei Mitglieder des bisherigen Vorstandes nicht die nötige Mehrheit. Das Quorum von 26 Stimmen erreichten lediglich Marcus Dohnicht, Ulf Dahlmann, Thomas Kreutzer und der Schöneberger Kai Rieser. Durch die Wahl von vier Männern konterkarierten die Delegierten zugleich einen Beschluß zur Quotierung, den sie zuvor gefaßt hatten. Danach soll »bei allen Gremienwahlen« des Berliner Bündnis 90 Berlin »durch geeignete Wahlverfahren« erreicht werden, »daß 50 Prozent der Mitglieder der jeweiligen Gremien Frauen sind«. Die antragstellende »Landesarbeitsgemeinschaft Frauen« verzichtete darauf, diese Bestimmung auch in die Satzung aufnehmen zu lassen. Sie befürchteten, daß der Antrag die nötige Zweidrittelmehrheit verfehlen könnte.

Die Beobachter, die die Alternative Liste entsandt hatte, verließen die Versammlung »ziemlich frustriert und traurig«. Jochen Esser vom Geschäftsführenden Ausschuß der Grünalternativen diagnostizierte bei einigen Bündnis-Delegierten eine »Verdrängung von Wirklichkeit«. Die Autoren des Leitantrages hätten es überdies versäumt, ihre Position zu verteidigen und »konfrontativ aufzutreten«. »Wenn alles so stehenbliebe«, meinte Esser, dann »wäre« diese Versammlung für den Prozeß des Zusammengehens »ein Rückschlag«. hmt