Bezaubernder Rasta

■ Gullit flirtet wild nach dem 1:0 gegen die Schotten

Göteborg (taz) — Wie bereits am Vorabend war Ruud Gullit glänzend gelaunt. So als würde er nicht schon wieder einer Rotte dauerhungrigener Informationsjäger gegenüberstehen, sondern einem bezaubernden Mädchen, flirtete er mit der Meute. Hier verschenkte er ein Lächeln, dort ein Zwinkern, schüttelte gekonnt verlegen seine Rastalocken hin und her. Auf ihrem Trainingsplatz in Varberg versprühte die holländische Nationalmannschaft all ihren Charme, als wolle sie auch noch Europameister des Lächelns werden. Sogar Bondscoach Rinus Michels lächelte mit und damit alle Generals- Assoziationen in Grund und Boden.

Schon kurz vor dem Abpfiff des Spiel gegen Schottland hatte Michels Gelöstheit vorgeführt. Und nachdem feststand, daß es dem großen Rivalen aus Deutschland nicht gelungen war, gegen die GUS zu gewinnen, war die Stimmung nicht gerade gesunken. Überhaupt die Deutschen.

In niederländischen Köpfen scheint der Schattenkampf gegen die deutsche Mannschaft trotz anderslautender Beteuerungen auch jetzt wieder stattzufinden. Gullit interpretierte ihn als eine Art Medienkampf. „Wir wollen, daß ihr die Deutschen zu Favoriten schreibt, und die wollen es umgekehrt.“ Aber, so schlimm sei das mit der Rivalität gar nicht mehr, erklärte Gullit weiter. Die meisten niederländischen Spieler hätten sich über den Ausgleich von Häßler gefreut. „Wir lieben doch den Fußball. Da freut man sich, daß eine ganz defensive Mannschaft auch noch mit dem Sieg davonkommt.“ Das war aber nicht nur freundliche Kollegialität, sondern eigene bittere Erfahrung vom Spiel des Vortags. 30 Minuten lang hatten die Niederländer mit vier Stürmern gewirbelt, um sich dann gegen den zähen Schotten immer schwerer zu tun und schließlich mit einem späten 1:0 von Bergkamp sehr glücklich zu sein.

Das entscheidende Tor war eine Folge der Inflation von Gegenspielern: „Am Anfang hatte ich nur einen, hinterher waren es zwei, manchmal sogar drei Spieler gegen mich“, erklärte Gullit. Deshalb fehlte im entscheidenden Moment der lange McPherson in der schottischen Abwehrmitte. Schließlich mußte Gullit aber wieder zurück zum Bus, die Flirtzeit war abgelaufen, da nahte ein dunkler Schatten dem fröhlichen Treiben. Ein Mann in einem zerknitterten dunkelblauen Jackett und dazu wenig passender schwarzen Hose näherte sich, mit ludenartigen schwarzen Carrera-Sonnenbrille. Aber es war ein Prominenter, das konnte man an der 'Bild‘-Eskorte erkennen. Armer Rinus Michels, er hatte Christoph Daum am Hals. Gelang es Daum, Michels aus seiner fortgeschrittenen Altersentspanntheit zu kippen? Konnte er auch die niederländische Mannschaft ausreichend quälen? Werden die Niederlande erschüttert gegen die GUS aufs Spielfeld laufen? Lesen Sie alles darüber! Hier! Oder sehen Sie einfach heute abend fern. Christoph Biermann