Stolpes brüchiges Entlastungsmaterial

■ Angeblich neue Akten sollen den Ministerpräsidenten Manfred Stolpe entlasten/ Zum IM-Vorwurf sagt der „Vorgang Quadrat“ aber nichts aus/ Daß die Stasi ihre IM überwachte, war keine Seltenheit

Berlin (taz/dpa) — Das Verwirrspiel um eine Belastung oder Entlastung des Brandenburger Ministerpräsidenten Manfred Stolpe (SPD) geht in eine neue Runde. Am Samstag bestätigte Stolpe, schon Ende Mai dem parlamentarischen Untersuchungsausschuß in Postdam neue, ihn entlastende Stasiakten übergeben zu haben. Der frühere Konsistorialpräsindent, seit Anfang des Jahres wegen seiner vielfältigen Kontakte zur Staatssicherheit im Kreuzfeuer der Kritik, verband seine Aussage mit einer Kritik an der Gauck-Behörde. Diese dürfe, so Stolpe, nicht nur Punkte zu seiner Belastung sammeln. Dem Ausschuß müßten auch solche Akten zugänglich gemacht werden, die zu seinem „Gesamtbild“ gehörten.

Die angeblich neuen Akten hatte Stolpe bereits am Freitag im Ostdeutschen Rundfunk Brandenburg präsentiert. Es handelt sich dabei im wesentliche um einen „Vorgang Quadrat“, der belegen soll, daß Stolpe und seine Familie bis 1989 rund um die Uhr vom DDR-Geheimdienst überwacht und observiert wurden. Aus diesen Akten entstehe das Bild eines scheinheiligen Kirchenmannes, dem zugetraut werde, mit teuflischer Gerissenheit den DDR-Staat auszutricksen. Manfred Stolpe wertete dies als deutliche Entlastung von dem Vorwurf, er habe als Inoffizieller Mitarbeiter (IM) „Sekretär“ jahrelang der Stasi zugearbeitet.

Keine neuen Erkenntnisse, urteilte dagegen am Samstag der Direktor der Gauck-Behörde, Hans-Jörg Geiger. Bei einer Veranstaltung der Humanistischen Union zur Vergangenheitsbewältigung in Berlin verteidigte Geiger die Arbeit seiner Behörde.

Es gebe auch keinen Widerspruch zwischen einer IM-Tätigkeit Stolpes, die die Gauck-Behörde nach den Maßstäben der Stasi als gegeben erachtet, und einer Überwachung des IM durch Mielkes Ministerium. Die Stasi hätte von Zeit zu Zeit nicht nur ihre hauptamtlichen Mitarbeiter überwacht, sie hätte sich auch bei den ihr wichtigen IMs vergewissert, ob diese „ehrlich“ berichteten.

Wie der Sprecher der Gauck-Behörde David Gill erklärte, hat Stolpe die Dokumente, bei denen es sich zum großen Teil um Überwachungsprotokolle handelt, bereits bei einem Besuch Ende Januar eingesehen und damals um Kopien gebeten.

Wie Geiger erklärte auch Gill, daß die Behörde nach dem Auftrag des Untersuchungsausschusses kein vollständiges Persönlichkeitsbild über Manfred Stolpe anfertigen sollte. Ihre Aufgabe sei gewesen, Auskunft darüber zu geben, ob Stasi- Unterlagen über eine angebliche IM- Tätigkeit Stolpes existieren. Dazu gehörten die jetzt übergebenen Dokumente nicht. Es sei deshalb auch „kein Fehler gemacht“ worden. wg