Der Musicalkönig steht unter Betrugsverdacht

■ Der Mann, dem Eberhard Diepgen das Metropol-Theater verkaufen möchte, wurde in München abgewiesen/ Grund: Die Stuttgarter Staatsanwaltschaft klagt Musicalkönig Deyhle des Betrugs in Millionenhöhe an

Das Phantom lebt im 17. Stockwerk des Hotels Stuttgart International am Südrand der schwäbischen Metropole. Das »Phantom von Stuttgart- Möhringen«, so titulierte kürzlich die 'Wirtschaftswoche‘ den milliardenschweren Medientycoon, Immobilienbesitzer und Musicalkönig Rolf Deyhle, der mit Vorliebe im Verborgenen die Drähte seines verschachtelten Imperiums zieht. Das Phantom hat gute Chancen, demnächst auch das Berliner Metropol-Theater samt innerstädtischem Filetgrundstück am Bahnhof Friedrichstraße zu übernehmen. Auch die Rolle, die Deyhle dem Metropol-Ensemble zugedacht hat, hat einen Namen: Die Elenden (Les Miserables), so heißt das Broadway-Musical, das Deyhle nach einer Übernahme des Metropols am liebsten jahrelang spielen möchte.

Daß man mit Musicals viel Geld verdienen und den Städtetourismus ankurbeln kann, hat der 53jährige Unternehmer in Bochum und Hamburg vorgeführt. Starlight Express, Cats und Phantom of the Opera liefen und laufen seit Jahren und bringen, so lobt man in der Hamburger Kulturbehörde, »irre viel Knete in die Stadt«. Im rot-grün regierten München lief der eingeschriebene Sozialdemokrat Deyhle dagegen gegen eine Wand. Bis vor wenigen Wochen verhandelte er mit der Stadt über eine Übernahme des Musicalhauses »Deutsches Theater«. Ende April brach die Stadt von sich aus die Gespräche ab. »Wir wollten das Theater nicht einem Mann öffentlich feilbieten, dessen Reputation momentan angekratzt wird«, erklärt die Münchner Bürgermeisterin Sabine Csampai (Grüne).

Den Grund, so Csampai zur taz, habe die Stuttgarter Staatsanwaltschaft geliefert. Nach jahrelangen Ermittlungen erhob sie im April gegen Deyhle und zehn Mitbeschuldigte Anklage wegen Betrugs. Allein in dem Deyhle betreffenden Fall geht es, so der Stuttgarter Oberstaatsanwalt Klaus Bieneck, um eine Summe »in mehrfacher Millionenhöhe«. Die Geprellten, so das Ermittlungsergebnis, waren Anleger, die sich an vermeintlich steuerbegünstigten Gesellschaften beteiligten, die diesen steuersparenden Charakter in Wahrheit überhaupt nicht hatten.

Deyhle weist diese Vorwürfe in Bausch und Bogen zurück. In einem Zeitschrifteninterview warf er der Stuttgarter Staatsanwaltschaft sogar vor, ein »Inquisitionsverfahren« zu betreiben. Und die Berliner Politiker scheinen eher geneigt zu sein, Deyhle zu glauben als den Stuttgarter Staatsanwälten.

Weil der Unternehmer das Metropol-Theater nach einem Kauf auf eigene Kosten sanieren will (geschätzte Kosten: 100 Millionen) und ganz ohne Senatszuschüsse auskommen will, genießt er das Wohlwollen von Finanzsenator Elmar Pieroth und dem Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU). Deyhle hat mit Diepgen einen gemeinsamen guten Bekannten: Daimler- Chef Edzard Reuter.

Selbst Kultursenator Ulrich Roloff-Momin, der zwei andere Bewerbungen dem Deyhle-Konzept vorzieht, wußte bis gestern nichts von der Stuttgarter Anklage gegen den Musicalkönig. Roloff-Sprecher Rainer Klemke: »Wir verlangen von den Bewerbern doch kein polizeiliches Führungszeugnis.« Hans-Martin Tillack