Drei »Republikaner« als Aids- und Drogenpolitiker?

■ Gegen die Annahme, daß Reps als Gesundheitsstadträte am wenigsten Schaden anrichten, regt sich Protest

Berlin. Drei Wochen nach der Kommunalwahl ist der Kampf um die Ressorts in den Bezirksämtern in vollem Gange. In Neukölln, Reinickendorf, Tiergarten und Wedding (sowie möglicherweise in Kreuzberg) haben die »Republikaner« einen Anspruch auf einen Stadtratsposten. Uneinig sind sich die Parteien noch über die Ressortverteilung. In Neukölln, Kreuzberg und Reinickendorf gibt es inzwischen qualifizierte Gerüchte darüber, daß den Rechten das Gesundheitswesen übergeben werden soll. »Wir müssen seit Jahren damit leben, daß Gesundheit zum Schluß verteilt wird«, weiß auch Wolfgang Erichson, Leiter des Büros von Gesundheitssenator Peter Luther (CDU). Gesundheitspolitiker stehen der Logik, daß die Rechten dort am wenigsten Schaden anrichten könnten, allerdings skeptisch gegenüber. In Tiergarten und Wedding, die ebenfalls einen »republikanischen« Stadtrat bekommen, ist die Debatte inzwischen vom Tisch.

»Derartige Experimente auf Kosten der Bürger gehen nicht«, sagt Bernhard Gotzmann, AL- Stadtrat im Wedding. Dort kümmern sich die »Republikaner« künftig um Umwelt, Lebensmittel- und Veterinärmedizin. »In der Aids-Beratung oder bei den Geschlechtskrankheiten möchte ich sie nicht in der Verantwortung sehen«, so Gotzmann. »Kein Amt mit Außenwirkung« will auch Sabine Nitz-Spatz, AL-Gesundheitsstadträtin in Tiergarten, den Reps geben — gerade im Hinblick auf die dortige Drogenszene und die zahlreichen Caf;es, Spritzenautomaten und Beratungsstellen für Junkies, Prostituierte und HIV-Infizierte.

Bei der Frage der Drogenbekämpfung in den Bezirken spielten die Stadträte eine wesentliche Rolle, bestätigte auch ein Mitarbeiter der Clearingstelle für Polamidonvergabe. »Mit einem Rep-Stadtrat sähe das möglicherweise zappenduster aus.« Daß Aids »möglicherweise für die überhaupt kein Thema ist«, spekuliert Kalle Gerber, Pressesprecher der Berliner Aids-Hilfe. Er fürchtet, daß ein Rep-Stadtrat »aus weltanschaulichen Gründen« Angeboten für HIV-Infizierte und Aids-Kranke den Garaus machen würde. Dennoch werde man abwarten. »Bisher ist über gesundheitspolitische Standpunkte der Reps nichts bekannt.«

Eine mangelnde Fachkompetenz der künftigen Stadträte fürchtet Reinhold Grün von der Berliner Ärztekammer. Als Vorsitzender der Krankenhaus-Konferenz und im öffentlichen Gesundheitswesen verfüge ein Gesundheitsstadtrat über »einige Gestaltungsmöglichkeit«. Psychosoziale Betreuung sowie Schwangerschaftskonfliktberatung und Drogenpolitik gelte es zu beobachten. Erichson teilte für die Gesundheitsverwaltung mit, man sehe der Situation »mit großer Gelassenheit entgegen. Wir erwarten nicht, daß unsere Politik konterkariert wird.« jgo