Senat will 50.000 Studenten einsparen

■ Momper: Zwei Uni-Kliniken sind genug/ Bonn kürzt Zuschuß zum Haushalt 1993 um eine weitere Milliarde

Berlin. Die 145.000 Studenten der Stadt könnten im nächsten Jahr das Sparopfer Nummer eins werden. Senatssprecher Dieter Flämig bestätigte, im Rahmen der Haushaltsberatungen für 1993 gebe es Überlegungen, bei den Krankenpflegekosten im Ostteil der Stadt sowie im Wissenschaftsbereich zu sparen. Die Zahl der Studenten müsse unter Umständen um ein Drittel gesenkt werden, die Zahl der Betten in der Charité müsse abgebaut werden. SPD-Chef Walter Momper stieß gestern ins gleiche Horn: »In Zukunft braucht Berlin keine drei Universitätskliniken. Es reicht jeweils eines für den Westen und eines im Osten.«

In Senatskreisen wird darauf hingewiesen, daß Berlin mit der Unterhaltung von drei Universitäten und zahlreichen Hochschulen »Leistungen erbringt, die überwiegend zum Nutzen der gesamten BRD sind«. Etwa die Hälfte der Berliner Studenten, doppelt soviel wie im Schnitt aller Bundesländer, stammen aus anderen Bundesländern. Wenn Bonn der Stadt die Zuschüsse streicht, muß Berlin im Gegenzug — so die Überlegung — diese Leistungen reduzieren.

Wissenschaftssenator Manfred Erhardt (CDU) will sich solchen Absichten offenbar nicht vollkommen widersetzen. »Es wird voraussichtlich auch im Hochschulbereich weitere Einsparungen geben müssen«, bestätigte Erhardts Sprecher Helmut Lück. Auch die Diskussion über die Kliniken wird nach seiner Ansicht nur dann ein Ende finden, wenn die drei Einrichtungen »wirklich drastische Einsparungen« vornehmen. Bislang, so Lück, haben die drei Kliniken lediglich die Bereitschaft gezeigt, auf drei Millionen des 500 Millionen Mark umfassenden Senatszuschusses zu verzichten.

Nichts Neues ist nach Lücks Worten die von Senatssprecher Flämig genannte Zielzahl von etwa 100.000 Studenten. Bereits im Oktober habe der Senat beschlossen, das Personal an den Berliner Hochschulen auf eine Kapazität von 89.500 Studenten auszurichten. Zu diesem Zweck würden 1.360 Stellen abgebaut. Vor allem die Humboldt-Universität sei immer noch »überbesetzt«. Darüber hinaus sollen durch die Fusion von Fachbereichen 546 Stellen eingespart werden. Die Hochschulen müßten »selbst sehen«, ob sie die Studentenzahlen mit Zugangsbeschränkungen senken.

Neue Dramatik hat die Haushaltsdebatte gewonnen, nachdem gestern bekannt wurde, daß Bundesfinanzminister Theo Waigel den Bundeszuschuß 1993 um eine weitere Milliarde Mark reduzieren will. Finanzsenator Elmar Pieroth (CDU) war in seinen Eckwerten für den Haushaltsplan noch von einem Bundeszuschuß in Höhe von 11,1 Milliarden ausgegangen. Waigel hatte 10,6 Milliarden zugesagt. Nach einem Treffen mit dem Bundesfinanzminister am Montag abend kam Pieroth mit noch weniger zurück. Waigel wolle der Stadt nur noch 9,6 Milliarden zugestehen, bestätigte der Finanzsenator. Dieses Angebot sei für Berlin »völlig indiskutabel«.

SPD-Chef Momper forderte den Senat auf, nun die notwendigen »schmerzlichen Einschnitte« zu beschließen. Die »Illusion«, daß »Berlin von Bonn noch etwas zu erwarten hat«, sei »zerstoben«. Neben der Zusammenlegung von Uni-Kliniken forderte Momper die Streichung des Berliner Familiengeldes und des »sozialen Mietausgleichs« im Westteil der Stadt, größere Gruppen in den Kitas und den Verkauf städtischer Einfamilienhäuser. Da die Stadt bis 1995 jährlich 2,5 bis drei Milliarden einsparen müsse, reiche es nicht aus, nur »Kleckerbeträge« zu erwirtschaften. hmt