KOMMENTARE
: Linker mit Hausangestellter?

■ Schande über ihn, den Fiesling, den Sklavenhalter, den Ausbeuter — und seine Frau

Darf ein Linker sich eine Hausangestellte „halten“? Vielleicht sogar eine Schwarze, eine Frau von den Philippinen oder aus Korea? Natürlich nicht — Schande über den Ausbeuter. Bei uns in Italien jedenfalls, wo der Blick stets unter die Röcke und tief ins Lotterbett hineinreicht, ist eine wahre Hexen- und Hexenmeisterjagd auf die Ausbeuter ausgebrochen, die sich ein feines Leben machen, während sie andere ihre Hemden in die Maschine stopfen, das Geschirr in den Spülautomaten schichten und den Vampir-Staubsauger durchs Haus schieben lassen. Auch ich gehöre dazu — sogar doppelt: Ich habe eine stundenweise beschäftigte Aufwartefrau aus Afghanistan und einen philippinischen Kindermann.

Da meine Frau und ich berufstätig sind, schien uns das eine Notwendigkeit — bis uns die öffentliche Diskussion klarmachte, daß wir fortan keine Linken, sondern Fieslinge seien, nur um ein Geringes besser als die amerikanischen Erdöl-, Tabak-, Bananen- und Erdnußkonzerne; Sklavenhalter im Grunde. Seither verstecken wir unsere beiden Ausbeutungsobjekte füglich, wenn linker Besuch droht; auch diesen Artikel hier wollen wir nur unter Pseudonym schreiben. Es ist immerhin möglich, daß ihn jemand liest, der uns kennt. Die Gefahr, bald untendurch zu sein und ins rechte Lager gesteckt zu werden, schreckt uns gar sehr.

Seit vor einem knappen Vierteljahr der verehrte Freund Valentino Parlato, einer der Gründer von 'Il manifesto‘, in einer schwachen Stunde die zeitweilige Beschäftigung einer Hausangestellten zugegeben hat und daraufhin waschkörbeweise Protestbriefe bekam — bis er schließlich Selbstkritik übte —, reißt die Serie der Links-Verbote nicht mehr ab. Betroffen sind davon in puncto Hausangestellte die verschiedensten Koryphäen: zum Beispiel Journalisten der 'Unità‘, sämtliche Chefs der KP-Nachfolgepartei PDS sowie parteiunabhängige Familien wie die des Mafiologen Pino Arlacchi. Nur selten setzt sich eine Stimme durch, die das Ganze auf den Punkt bringt, wie die Psychiaterin Carol Beebe Tarantelli, linke unabhängige Abgeordnete ohne Hausangestellte, die lapidar feststellt: „Das Ganze ist ein Tabu, das sicher daher rührt, daß gerade die linken Kritiker eine massive Unterbewertung von Hausarbeit verinnerlicht haben.“

Das wird's wohl sein. Aber es löst unser Problem nicht. Das schlechte Gewissen, das uns die Protestwelle mittlerweile macht, weicht nicht mehr. Entlassen können wir unsere „Perlen“ aber auch nicht. Denn beide — leider ist das die Realität — würden dann sofort ausgewiesen, weil sie aus Drittweltländern zugewandert sind. Lella und Carlo Piutoni

Die Autoren sind Soziologen, lehren in Mailand und Palermo und sind Mitarbeiter verschiedener Zeitschriften und Tageszeitungen, darunter 'Panorama‘ und 'Corriere della sera‘