Volksmudschaheddin in Istanbul entführt

■ MitstreiterInnen vermuten iranischen Geheimdienst als Urheber der Tat

Berlin (taz) — Ali-Akbar Ghorbani war auf dem Weg zu seinem Auto, als sich ihm die beiden Männer näherten. Sie packten den Iraner, der vor mehr als acht Jahren aus seinem Land geflohen war, und zerrten an ihm. Es war 12 Uhr auf offener Straße in Istanbul. Ein Nachbar rannte zum Tatort. Doch als er ankam, war es zu spät: Der weiße Mazda mit den beiden Unbekannten und Ghorbani an Bord war bereits abgefahren.

Seit jenem Donnerstag vor zwei Wochen fehlt jede Spur von Ghorbani, alias Mansour Amini. Am Tag seines Verschwindens lenkte ein weiteres Ereignis die Aufmerksamkeit auf das iranische Exil in Istanbul: An den Fahrzeugen von zwei Iranern wurden Bomben entdeckt. Ihre Sprengung führte zu schweren Schäden an den umliegenden Gebäuden.

An den folgenden Tagen suchte die Istanbuler Polizei vergeblich nach dem verschwundenen Iraner, der in Frankreich als politischer Flüchtling anerkannt ist. Vorsichtshalber benachrichtigte der Polizeipräfekt auch die Posten an der Grenze zum Iran. Doch über eine Entführung des Oppositionellen hatte er „keine Informationen“.

Sowohl die Besitzer der beiden in Istanbul gesprengten Autos als auch Ghorbani sind Mitglieder der „Volksmudschaheddin“, die das Teheraner Regime mit Waffen bekämpfen. Wie schon oft in den vergangenen Jahren war Ghorbani zu politischen Gesprächen von Paris nach Istanbul gereist. Seine MitstreiterInnen und seine in Frankreich lebende Familie befürchten, daß der iranische Geheimdienst ihn entführt hat, um ihn in den Iran zu verschleppen. Auch das Europaparlament, die deutschen Grünen und amnesty international haben diesen Verdacht. Mehrfach schon gab es vergleichbare Anschläge auf Iraner in der Türkei. Die meisten Opfer verschwanden oder wurden tot gefunden. Aus dem Jahr 1988 ist ein Fall bekannt, bei dem das Opfer befreit wurde. Modschtahedsadeh, ebenfalls Volksmudschaheddin, wurde in Istanbul entführt und im dortigen iranischen Konsulat gefoltert. Doch der Versuch, ihn in den Iran zu verschleppen, mißlang: An der Grenze verhaftete die türkische Polizei fünf Angehörige der iranischen Botschaft in Ankara und befreite Modschtahedsadeh aus dem Kofferraum des Diplomatenwagens. Auch diesmal gibt es Anzeichen, daß der iranische Geheimdienst seine Finger im Spiel hat. Nach Angaben ihres Kölner Büros erhalten Mitglieder der Volksmudschaheddin“ seit einigen Tagen verstärkt Warnungen vor angeblich bevorstehenden Anschlägen des Geheimdienstes. Auch die letzte Freitagsrede des iranischen Premierministers wertet die Organisation als Zeichen für eine besondere Nervosität des Regimes. Rafsandschani hatte am 12. Juni gesagt: „Wir haben sowohl im Land als auch im Ausland immer noch Feinde.“ dora