■ NACHGEFRAGT
: "Nicht mehr Klinken putzen"

34.000 Nichtwähler verzeichnete das Statistische Landesamt Bremen nach der letzten Kommunalwahl in Bremerhaven, daß sind knapp 35 Prozent aller Wahlbeteiligten. Jetzt will die SPD den Wählern die Müdigkeit aus den Knochen treiben. Wie, das erzählte gestern Bremerhavens SPD-Chef Siegfried Breuer.

taz: Herr Breuer, was hat es mit Ihren Plänen für mehr Bürgermitbestimmung in Bremerhaven auf sich?

Siegfried Breuer:Wir haben in der Stadtverordneten-Versammlung am 30. Januar beschlossen, daß wir die Möglichkeit eines Bürgerentscheides in der Stadtverfassung aufnehmen wollen. Magistrat und Verfassungsausschuß sollen eine Vorlage ausarbeiten, wie das alles gehen soll, und jetzt muß ich sagen, das dauert mir alles zu lange. Bürgerentscheid, Bürgerbegehren und Einwohnerantrag, das hat die SPD alles schon ausgearbeitet, das lag alles in den Schubladen des alten UB-Vorstandes, der für diese Art Demokratie nichts übrig hatte. Mein Interesse ist, daß die Bremerhavener möglichst schnell beteiligt werden, damit die Bürger in der Stadt nicht weiter glauben, wir machen in der Stadtverordneten-Versammlung ohnehin alles unter uns aus. Unsere Vorstellung ist, daß wir damit der Parteiverdrossenheit und dem rechts Wählen entgegenwirken.

Was soll der Bremerhavener in Zukunftt selbst bestimmen.

Es geht um alle kommunalen Belange, vom Bau eines Kindergartens bis zum Bau von Straßen, um das Pflanzen von Bäumen etc, Entscheidungen darüber, wie der alte Hafen neu gestaltet werden soll, Schulstandorte usw. Hier sollen die Bürger direktes Mitspracherecht bekommen.

Das geht über eine gewisse Zahl von Unterschriften?

Ja, beim Einwohnerantrag werden wir die Schwelle ganz tief ansetzen. Die Bürger können sich direkt an die Stadtverordneten-Versammlung wenden, und die ist dann verpflichtet, das zu behandeln, aber dann möglicherweise auch anders entscheiden, als die Bürger möchten. Die Bürger müssen nicht mehr Klinken putzen bei den Parteien, damit die das Problem mitnehmen. Beim Bürgerentscheid geht es weit darüber hinaus. Die Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Juristen hat hierfür 15.000 Unterschriften vorgeschlagen, aber das ist ein bißchen viel, das wären zwischen 15 und 20 Prozent der Wähler. Wir überlegen zur Zeit, ob wir das ortsteilbezogen machen. Warum sollen die Leute aus Wulsdorf in Leherheitde trommeln gehen?

Wann werden diese Dinge in der Stadtverfassung stehen?

Wir werden unsere Vorschläge jetzt herumschicken und diskutieren, Wenn es nach uns im Parteivorstand ginge, würde ich sagen, im September. Aber da sind noch eine Menge andere Leute, die daran beteiligt sind, bis hin zum Senat. Wir wollen versuchen, das bis Ende des Jahres über die Bühne zu bringen.

Bekommen Sie die Zweidrittel-Mehrheit in der Stadtverordneten-Versammlung?

Ja, das ist kein Problem. Alle demokratischen Parteien sind im Prinzip

dafür. Fragen: mad