Verbindung zur Mafia nicht nachweisbar

■ Schießerei in der Fasanenstraße vor Gericht/ Ukrainer Igor B. zu sieben Jahren Haft verurteilt/ Hintergründe nicht aufgeklärt

Berlin. Es habe ihm gefallen, wie in Deutschland eine Verhandlung geführt werde, sagte der Angeklagte Igor B. in seinem Schlußwort vor dem Kriminalgericht. Aber anstatt den Richtern zu erklären, warum und in welchem Auftrag er am 22. Juli 1991 im Restaurant »Da Gianni« in der Fasanenstraße mit einem Schnellfeuergewehr auf vier speisende Männer schoß und drei dabei erheblich verletzte, (taz v. 10.6.) erzählte er eine Parabel. Sie handelte von Tatsachen, die keine sind, aber als solche erscheinen.

Igor B.s Fabulierungen stimmten die Richter bei ihrer Urteilsverkündung jedoch nicht milder. Sie folgten gestern dem Antrag der Oberstaatsanwältin Monika Diederichs, die in ihrem Plädoyer vergangene Woche Igor B. als »bezahlten Killer« bezeichnete, der im Auftrag einer kriminellen Organisation geschossen habe. Die Kammer unter Vorsitz von Richterin Solin-Stojanovic verurteilte ihn wegen versuchten Totschlags, gefährlicher Körperverletzung und unerlaubten Waffenbesitzes zu sieben Jahren und drei Monaten Haft. Auch wenn das Gericht die Hintergründe der Schießerei nicht aufklären konnte, ein russischer »Bandenkrieg« daher nicht zu beweisen sei, schließe die »Art der Tat auf die Vorgänge«. Zweifelsfrei stehe fest, daß Igor B. die Tat »kaltblütig geplant und ausgeführt« und zumindest in einem Fall in bewußter Tötungsabsicht gehandelt habe.

Die Hintergründe der Ballerei waren nicht aufzuhellen, weil die interessantesten Zeugen — nämlich die Männer, auf die Igor B. »mit vollkommen konzentrierter Miene und absolut entschlossenem Gesicht« zielte, nicht gehört werden konnten. Den Georgier Tengis M., der damals zur Verblüffung aller auf den Attentäter zurückschoß und ihn dabei schwer verletzte, erwischte es am 22. April dieses Jahres selber. Er wurde ermordet in einem Straßengraben bei Amsterdam gefunden. Ein anderer Zeuge, wie Tengis M. ebenfalls »Kaufmann mit internationalen Beziehungen«, ist flüchtig, der dritte Zeuge erschien trotz Ordnungsgeldverwarnungen vor Gericht nicht. Igor B. selber hatte zu seiner Entlastung, wie die Richterin ausführte, eine »schlecht erfundene Geschichte« präsentiert. Demnach sei er am 22. Juli 1991 zufällig die Fasanenstraße entlang spaziert, sei unerwartet von einem Unbekannten angeschossen und von einem ebenfalls Unbekannten ins Krankenhaus gefahren worden.

Wenn Igor B. das ist, was das Gericht vermutete, nämlich ein Handlanger, der über Schiebergeschäfte in Polen und Hütchenspielerei in Berlin gute Kontakte zum Milieu hat, dann hat er bis ins Gefängnis hinein Loyalität bewiesen. Der junge Mann mit dem Kindergesicht nahm das Urteil unbewegt zur Kenntnis. Anita Kugler