Bonn greift nach dem Marx-Engels-Forum

■ Neuer Konflikt: Bonn will Ministerien auf dem Marx-Engels-Forum, in den Ministergärten und am Standort des Palastes der Republik errichten

Berlin/Bonn. Neue Auseinandersetzungen zwischen dem Bund und dem Senat um die Hauptstadtplanung bahnen sich an: Das Bundesbauministerium beansprucht einige innerstädtische Flächen als Ministerienstandorte, die Berlin dafür nicht hergeben will. Dazu gehören das Marx- Engels-Forum am Palast der Republik, die Ministergärten und sogar der Palast der Republik selbst. Dies bestätigte der Staatssekretär der Stadtentwicklungsverwaltung, Wolfgang Branoner (CDU) gegenüber der taz. Es gebe seit längerem darüber Diskussionen mit dem Ministerium, sagte Branoner.

Während das Bauministerium in einer internen Studie daran festhält, alle drei Standorte für Ministerien freizuhalten — im Gespräch dafür ist etwa das Außenministerium, das mit seinen geplanten 60.000 Quadratmetern Bürofläche riesenhaft ausfallen wird —, hat das Land Berlin damit andere Pläne. So wolle die Senatsbauverwaltung auf der historisch belasteten Freifläche der Ministergärten südlich des Brandenburger Tores, wo ehemals Hitlers Reichskanzlei lag, das seit langem geplante Holocaust-Denkmal errichten. Dies sagte der Hauptstadtreferent des Bausenators, Engelbert Lütke-Daldrup, auf Anfrage.

Zudem seien die Vertretungen der Bundesländer dort geplant, die in niedriger Bauweise dem Tiergarten angepaßt sein sollen. Da sei man sich mit der Stadtentwicklungsverwaltung einig, wie auch darüber, daß der Palast der Republik eine »besondere« Nutzung erfahren soll. Von einem internationalen Kongreßzentrum bis zu einem Festhaus könne man sich vieles vorstellen, so Lütke-Daldrup. Das Marx-Engels-Forum, an der sensiblen Schnittstelle zwischen Ministerialbereich und Stadt gelegen, sei für eine städtische Nutzung vorgesehen — es sollte möglichst Grünfläche bleiben.

Zumindest letzteres scheint ohnehin ratsam. Denn wenn das Marx- Engels-Forum, derzeit ein Park und als solcher planerisch ausgewiesen, zu Bauland umgewidmet wird — was nötig ist, wenn darauf ein Ministerium entstehen soll — dann wird zunächst einmal eine Flut von Rückerstattungsansprüchen auf den Bund zukommen.

Diese Rechtsauffassung vertritt neben Branoner auch Helmut John, Sprecher der Oberfinanzdirektion, die in Berlin das Bundesvermögen verwaltet. Denn bevor das Forum zu SED-Zeiten angelegt wurde, standen dort Häuser einzelner Privateigentümer. »Solange das Forum als Grünfläche ausgewiesen ist, ist es für die Alt-Eigentümer nicht so interessant, ihr Land zurückzufordern und vor allem laut Einigungsvertrag kaum möglich«, sagte John. Anders die Rechtslage, wenn daraus Bauland würde. Wenn der Bund diese Fläche dann als Ministerialstandort brauche, könne er die Alteigentümer nicht einfach enteignen. Er müßte sie im Bedarfsfall bauen lassen und den Büroraum teuer mieten. »Aber das«, so John, »würde die öffentliche Hand ruinieren.« Eva Schweitzer