Türkei drängt auf Eingreifen in Bosnien

Außerordentliches Außenministertreffen der islamischen Konferenz/ Gemeinsames Vorgehen bleibt unwahrscheinlich  ■ Aus Istanbul Ömer Erzeren

Mit Koransuren, die Frieden, Brüderlichkeit und Solidarität preisen, begann am Mittwoch im Istanbuler Sheraton Hotel das außerordentliche Außenministertreffen der islamischen Konferenz. Gleich zu Anfang der Konferenz wurde Turkmenistan als erster Staat unter den moslemischen Republiken auf dem ehemaligen Gebiet der Sowjetunion in die Gemeinschaft der 46 islamischen Staaten aufgenommen.

Einziger Tagesordnungspunkt der Konferenz, für deren Zustandekommen die Türkei mobilisiert hatte, war die Situation in Bosnien- Herzegowina. Der bosnische Außenminister Haris Silajdzic zeichnete in seiner Rede ein Schreckensbild: eine Million Obdachlose, 20.000 Verletzte und Todesopfer, deren Zahl er zwischen 6.000 und 10.000 bezifferte. Seine Forderungen waren eindeutig: Unterstützung einer Militärintervention gegen Serbien, Abbruch jeglicher Beziehungen der Mitgliedsstaaten zu Serbien, Schaffung eines Dringlichkeitsfonds für humanitäre Hilfe.

Auch die Türkei drängte die islamische Konferenz — ein loser Dachverband ungleicher Brüder, die sich teilweise untereinander politisch bekämpfen —, sich stärker im Krieg in Bosnien-Herzegowina zu engagieren. Der türkische Ministerpräsident Demirel sagte in seiner Eröffnungsrede: „Der Frieden auf dem Balkan ist nicht wiederherstellbar, ohne daß das serbische Abenteurertum beendet und die Aggression gestoppt wird.“ Demirel wies indirekt auf die imperiale Präsenz der Türken unter dem Osmanischen Reich hin: „Seit fünfhundert Jahren teilen wir mit den Völkern des Balkans ein gemeinsames Schicksal.“

Während der iranische Außenminister Ali Akbar Welajati die „Stärkung der islamischen Solidarität“ betonte, ist den türkischen Politikern eine politische Frontziehung zwischen Christentum und Islam nicht geheuer. „Wir reden nicht von einer islamischen Friedenstruppe. Falls die UN die Initiative ergreift und die Entscheidung für eine Militärintervention trifft, sind wir der Auffassung, daß Mitgliedsstaaten der islamischen Konferenz sich daran beteiligen sollten. Die Türkei wird sich jedenfalls beteiligen.“

Daß es ernst damit gemeint ist, deuteten Veröffentlichungen in der türkischen Presse an. Unter Berufung auf hohe Militärs meldete die türkische Tageszeitung 'Hürriyet‘, daß in Thrazien bereits Truppeneinheiten für eine mögliche UN-Intervention bereitgestellt seien.