Bremer Drogenpolitik gegen Abhängige

■ Kein „Utrechter Modell“, kein Geld für soziale Hilfen / Polizei stolz auf Belästigung von Junkies

Bremen ist nicht Utrecht, deswegen kann es in Bremen auch kein „Utrechter Modell“ geben — nach dieser simplen Logik scheint jetzt die Suche nach einer Alternative zum Drogenstrich in der Friesenstraße wieder einmal vertagt zu werden. Innensenator van Nispen, der sich vergangene Woche vor Ort über die niederländischen Erfahrungen mit einem gut überwachten Autostrich auf einem mit Holzverschlägen aufgeteilten Parkplatz informiert hatte, glaubt nicht, daß „deutsche Freier da mitmachen würden“.

Auch in den Vorbereitungen für einen gemeinsamen Bürgerschaftsantrag der drei Ampelfraktionen konnten die Grünen sich mit ihrem Vorschlag, das „Utrechter Modell“ in Bremen zu erproben, nicht durchsetzen. Beschlossen werden soll allerdings nicht etwa ein anderes, sondern einfach wieder gar kein Modell. Geld gäbe es dafür nämlich sowieso nicht, denn das vom Senat aufgelegte Sonderprogramm von einer Million Mark soll nicht in soziale Hilfen für Junkies, sondern ausschließlich in die Beschaffung der Ersatzdroge Methadon investiert werden.

„Dahinter steckt die unheilige Allianz all derer, die nicht hier wohnen. Immer nach dem Motto: solange die Drogenszene bei denen ist, ist sie nicht bei uns.“ So erklärt sich Viertel-Ortsamtsleiter Hucky Heck, daß nach über sechs Monaten Ampelregierung noch nicht einmal der Ansatz eines Konzeptes für den künftigen Umgang mit Drogenhandel und -prostitution im Viertel in Sicht ist.

Auch Heck findet zwar die „Rammelboxen“ des Utrechter Modells „nicht gut“, solange einem aber nichts anderes einfalle, seien sie immer noch besser als die derzeitige Situation. Noch immer hat die Polizei zum Beispiel keine Spur von dem Täter, der im Mai zwei Drogenprostituierte ermordet hat.

Sozialpolitisch ohne Idee, polizeitaktisch erfolglos

Selbst im einzigen Bereich, in dem der neue Senat bisher überhaupt Aktivität in Sachen Drogen gezeigt hat, ist das Ergebnis niederschmetternd. Nach einer polizeiinternen Auswertung der Razzien am Sielwalleck hatten insgesamt 2434 Personenüberprüfungen bis Ostern nur ganze 18 Haftbefehle zur Folge — eine Trefferquote von 0,74 Prozent. Wäre statt der Sielwallkreuzung zum Beispiel die Karstadt-Kundschaft mit gleicher Genauigkeit gefilzt worden, hätte man wohl kaum weniger Kriminelle entdeckt. Und konnte in der ersten Razzia- Woche noch ein Kilo Rauschgift beschlagnahmt werden, wurde ab dem 6. März bei über 700 Überprüfungen kein einziges Gramm mehr gefunden.

„Die eingespielten Verteilungsmechanismen mußten aufgegeben werden“, heißt es dazu stolz in der ergänzenden Interpretation des Innenressorts, „daraus entstanden neue Ansatzpunkte für polizeiliche Aktionen.“ Im Klartext: Gedealt wird jetzt woanders, bloß die Polizei weiß nicht mehr so genau wo. Auch die feststellbare Verteuerung von Kokain und Heroin lasse sich wohl „nicht konkret auf die derzeitigen polizeilichen Maßnahmen zurückführen“, heißt es in dem Papier, „sondern kann auch im Rahmen von Marktschwankungen interpretiert werden.“

„Die Maßnahmen haben sich als positiv erwiesen“, lobt das Innenressort trotzdem seinen Polizei-Einsatz, „zumindest Teilziele wie Beunruhigung der Scene, Verunsicherung von BtM- und Allgemein-Kriminellen usw. konnten kurzfristig erreicht werden.“ Im Koalitionsvertrag hatte das noch alles ganz anders geklungen: „Ziel polizeilichen Handelns sind nicht die süchtigen, kranken Endverbraucher von Drogen, sondern die gewerbsmäßigen Drogenkriminellen.“

Doch an denen hat sich auch schon andernorts die Polizei vergeblich die Zähne ausgebissen. Bleibt zumindest ein Ergebnis der Bremer Drogenpolitik, die statt neuer Ideen bisher nur altbekannte Repression zu bieten hatte: „Das subjektive Sicherheitsgefühl der Bevölkerung konnte nachhaltig gestärkt werden“, freut sich das Innenressort in seiner internen Auswertung, „und die veröffentlichte Meinung steht den polizeilichen Maßnahmen nicht negativ gegenüber.“ Dirk Asendorpf