CSFR: Spaltung bereits Ende September 1992?

■ Verhandlungen über die Dauer der „Übergangsperiode“/ Havel glaubt an Erhalt der CSFR

Prag (afp/taz) — Wenige Stunden vor Beginn der vierten und abschließenden Vrhandlungsrunde über die Zukunft der Tschechoslowakei haben sich in der Bürgerlich-demokratischen Partei von Vaclav Klaus zum ersten Mal Meinungsverschiedenheiten gezeigt. Der stellvertretende Ministerpräident der tschechischen Rpublik, Jan Strasky, stellte fest, daß im Programm der zukünftigen Bundesregierung auch die slowakische Forderung nach „zwei miteinander verbundenen Staaten“ berücksichtigt werden müsse. Parteichef Klaus hatte dagegen die von dem Vorsitzenden der Bewegung für eine demokratische Slowakei, Vladmir Meciar, entwickelte Vorstellung von einem gemeinsamen Bündnis“ der Tschechischen und der Slowakischen Republik immer abgelehnt.

Neben der Bildung der Föderalregierung ging es am Freitag in Bratislava vor allem um die Dauer der Übergangsperiode bis zur Entstehung zweier selbständiger Staaten. Dabei stellte Klaus erneut fest, daß für Auflösung der CSFR keine Volksabstimmung notwendig ist. Vielmehr könnten die Parlamente der beiden Landesteile die Trennung bis Ende September 1992 beschließen. Meciar beharrt auf einer Übergangszeit bis Ende 1993. Grund: Bis dahin möchte die Slowakei nicht auf die Prager Subventionen verzichten. Klaus ist dagegen der Ansicht, daß bereits 1993 getrennte Haushalte aufgestellt werden sollen.

Weiterhin optimistisch zeigt sich Vaclav Havel. Da, so sein Sprecher Michael Zantovsky, noch niemand klar ausgesprochen habe, daß die CSFR aufgelöst werde, sei der Präsident weiterhin zur Kandidatur für das höchste Staatsamt bereit.

Vor einer „vorzeitigen Grabrede“ auf die Tschechoslowakei warnte auch die Prager Nachrichtenagentur 'cstk‘. Das Miteinander von Tschechen und Slowaken werde „höchstwahrscheinlich, in welcher Form auch immer, weiterbestehen“.

Unterdessen demonstrierten in Prag etwa 1.000 Personen für die Unabhänigkeit der Tschechischen Republik und die Wiederwahl von Havel. Rund 50.000 Personen sollen die Forderung nach einer Trennung des 1918 gegeründeten Bundesstaates unterschrieben haben. her