Mit Gottes Hilfe in die Schlacht

■ KatholikInnentag von unten protestiert gegen Militärgottesdienst mit Bischof Johannes Dyba

Karlsruhe (taz) — Der erzkonservative Erzbischof Johannes Dyba aus dem osthessischen Fulda — die „Speerspitze des deutschen Episkopats“ — zelebrierte gestern im Rahmen des offiziellen Katholikentages in Karlsruhe eine Soldatenmesse: „Mit Gott versöhnt — für den Frieden in der Welt“.

Gegen das „zynische Motto“ dieses Militärgottesdienstes und gegen die „Rückkehr der katholischen Kirche zum Waffensegnen“ demonstrierte zeitgleich eine Delegation des KatholikInnentages von unten: „Mit Gott versöhnt — für das Morden in der Welt“. Mit einem „toten Soldaten“ auf einer Bahre zogen etwa 20 Menschen vor die Innenstadtkirche und verkündeten, daß der Katholikentag nicht als Forum dafür mißbraucht werden dürfe, „um Soldaten unter Gottes Segen in aller Welt mitmorden zu lassen“. Damit reagierten die Demonstranten auch auf den Auftritt von Wolfgang Schäuble auf dem offiziellen Kirchentag, der am Donnerstag von einem vereinten Europa die „Fähigkeit zum Einsatz militärischer Mittel“ eingeklagt hatte.

Nach Auffassung des Netzwerks Friedenskooperative, das für den KatholikInnentag von unten die friedenspolitischen Aktivitäten der TeilnehmerInnen koordiniert, müßten die Christen unter den Soldaten den Dienst quittieren, falls die Pläne für die „out of area“-Einsätze Wirklichkeit werden sollten. Zusammen mit anderen Gruppen der Friedensbewegung will die Initiative Kirche von unten (IKvu), die den alternativen KatholikInnentag veranstaltet, eine Kampagne gegen die „deutschen Wüstenstürmer“ initiieren. Die von Dyba und 27 weiteren Mitzelebranten veranstaltete Soldatenmesse jedenfalls, so die Friedenskooperative, sei nicht mit dem Neuen Testament zu vereinbaren: „Was würde Jesus dazu sagen?“

Nach den friedenspolitischen Aktivitäten des Vormittags ging es auf dem KatholikInnentag von unten gestern unter anderem um das Verhältnis von Kirche und Staat. In der zentralen Veranstaltung zum Thema, an der auch der stellvertretende SPD- Fraktionsvorsitzende Wolfgang Thierse teilnahm, forderte der Hamburger Theologe Siegfried von Kortzfleisch „normale BürgerInnenrechte für alle kirchlichen MitarbeiterInnen“. Noch immer sei es der Kirche möglich, MitarbeiterInnen ihrer Schulen, Kindergärten und Sozialstationen zu entlassen, wenn sie den „kirchlichen Moralvorstellungen“ nicht entsprächen. Darüber hinaus würden Kirchenangestellten bis heute die gewerkschaftlichen Rechte verweigert. Am Abend beschäftigten sich die alternativen katholischen Christen im Rahmen eines Workshops dann mit dem Thema Prostitution. Die Debatte um den Paragraphen218 und eine generelle Auseinandersetzung mit „Sexualität in all ihren Facetten“ ist für heute vormittag — vor dem großen Abschlußfest — geplant.

Der prominente Kirchenkritiker Drewermann erhob gestern erneut massive Vorwürfe gegen die katholische Amtskirche. Er warf ihr vor, um Jahrhunderte rückständig zu sein und keinen Reformwillen zu haben. „Der Papst steht als einziger der Einheit der Christen im Wege“, sagte er vor rund 1.000 BesucherInnen in der überfüllten Badnerlandhalle. An jedem Wort des katholischen Glaubensbekenntnisses klebe Gold und Blut, meinte er weiter. Klaus-Peter Klingelschmitt