„Giftgasprozeß“ bald am Ende?

Bonn (taz) —Der „Giftgasprozeß“ vor dem Darmstädter Landgericht steht offenbar kurz vor der Aussetzung, weil die Bundesregierung dem Gericht die Herausgabe von UNO- Berichten über Iraks Giftgasprogramm verweigert. In dem Verfahren sind zehn Manager deutscher Firmen angeklagt, durch illegale Lieferungen für einen Chemiewaffenkomplex nahe Samarra gegen das Außenwirtschaftsgesetz verstoßen zu haben. Schon letztes Jahr schickte die UNO Berichte ihrer Inspektions- Teams über Samarra dem Auswärtigen Amt. Doch Bonn verweigert bis heute die vollständige Übermittlung dieser beweiserheblichen Unterlagen an das Darmstädter Landgericht ebenso wie Aussagegenehmigungen für deutsche Mitglieder der UNO-Inspektionsteams. Letzteres erzürnt die Darmstädter Richter um so mehr, seit ein deutscher UNO-Inspektor, Fregattenkapitän Heinz-Dieter Jopp, im Mai dem Fachblatt „Chemische Rundschau“ ein umfangreiches Interview gab. Jopp erklärte dort, die deutschen Lieferanten hätten erkennen müssen, daß die Anlagen nur zur Herstellung von Kampfgasen gedacht waren. Bereits am ersten Verhandlungstag, am 27. April dieses Jahres, hatte der Vorsitzende Richter Alfred Pani mit ungewöhnlich harten Worten die Bundesregierung kritisiert. Verfahrensbeteiligte gehen davon aus, daß Richter Pani am kommenden Montag den Prozeß aussetzen wird, bis Bonn die geforderten Beweismittel herausrückt. thosch