Schwarzer Humor und zarte Rührung

Wenn Tabori, dieser hinterlistige »Bühnenarbeiter«, wie er sich gern nennt, Theater- und Lebenserfahrung zur Farce bündelt, kann man sicher sein, daß eine vieldeutige, aberwitzige und tiefgründige Welt erstehen wird. — Im Hans-Otto- Theater Potsdam ist nun noch einmal als Gastspiel eine Inszenierung der Hitlerparodie »Mein Kampf« zu sehen, die der jetzige Potsdamer Intendant Guido Huonder schon 1987 am Theater Dortmund in Szene setzte. Der Weg in die Potsdamer Zimmerstraße lohnt: Claus-Dieter Clausnitzer spielt den sich für Hitler aufopfernden Juden Schlomo mit witziger Hintergründigkeit und herzzerreißender Menschlichkeit, die man gesehen haben muß, um noch an sie glauben zu können. Für die Berliner mag die hoffierte Inszenierung von Thomas Langhoff im Maxim Gorki Theater zum Inbegriff geworden sein — in der Dortmunder Fassung lebt ein riskanterer Geist. Die nette Konsumierbarkeit (die bei Langhoff so gern bedient wird) wird hier gründlich torpediert, das Lachen wird zunehmend in den Hals zurückgedrängt: Satire und Sentimentalität, schwarzer Humor und zarte Rührung geraten in gnadenlose Nachbarschaft. Einer der ganz großen Theaterabende. baal/Foto: Hans-Otto-Theater

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