Sie verstehen nur die Sprache der Gewalt

■ Pol Pots Khmers rouges boykottieren die Kambodscha-Konferenz in Tokio

Sie verstehen nur die Sprache der Gewalt Pol Pots Khmers rouges boykottieren die Kambodscha-Konferenz in Tokio

Nach mehreren Tagen versierten diplomatischen Verwirrspiels boykottieren die Vertreter der Khmers rouges nun doch die große Kambodscha-Konferenz, die heute in Tokio begonnen hat. Auf ein Neues demonstrieren die Genossen Pol Pots, daß sie kein Interesse daran haben, endlich Frieden in dem kleinen Land im Herzen Indochinas zu schaffen. Aber nicht nur mit dem Boykott der Konferenz, zu der Außenminister und Delegierte aus 32 Staaten angereist sind, zeigen die Khmers rouges, daß ihre einzige Chance und Stärke militärischer Natur ist. Die Guerilla-Kämpfer weigern sich auch standhaft, ihre Waffen an die UN-Friedenstruppen abzugeben. Seit vergangener Woche liefern sie sich vielmehr heftige Gefechte mit den Regierungstruppen.

Mehr als zehn Jahre haben die Regierungen des Westens — die der Bundesrepublik Deutschland eingeschlossen — darauf beharrt, daß die Massenmörder, die für den Tod von einer Million Menschen in den Jahren 1975 bis 1979 verantwortlich sind, an einer Übergangsregierung beteiligt sein müßten. Sie haben sich schließlich durchgesetzt. Mehr als zehn Jahre haben dagegen die sozialistischen Länder, aber auch einzelne Journalisten und Experten im Westen diese jegliche Moral verhöhnende Position kritisiert. Sie wurden nicht gehört. Doch sie beharrten aus guten Gründen darauf, daß die Khmers Rouges nur ihre Taktik geändert haben, nicht aber ihr zutiefst paranoides und brutales Denken und ihr unberechenbares Vorgehen. Ein schlagendes Indiz dafür ist die personelle Kontinuität ihrer Führung. In Tokio sollten Khieu Samphan und Son Sen die Khmers Rouges vertreten. Khieu Samphan war in den Jahren der Killing Fields das Staatsoberhaupt des „Demokratischen Kampuchea“, Son Sen war als Verteidigungsminister für bestialische Folterungen und die Ermordung von Zehntausenden in einem Spezialgefängnis in Phnom Penh direkt verantwortlich.

Sollte man sich jetzt darüber freuen, daß solche ruchlosen Massenmörder den Tisch einer Friedenskonferenz nicht mehr mit ihren blutigen Händen besudeln? Die Realität des von dreißig Jahren Krieg verwüsteten Kambodschas läßt keine Freude aufkommen. Die Khmers rouges haben sich in den Bergen festgesetzt, lassen thailändische Firmen gegen beachtliche Provisionen die Wälder plündern und Rubine schürfen. Sie verstehen keine andere Sprache als die der Gewalt. Doch die kriegserprobte vietnamesische Volksarmee konnte sie nicht besiegen und die kambodschanischen Regierungstruppen erst recht nicht. Die UN-Truppen können und dürfen es nicht versuchen, sie militärisch auszuschalten und zwangsweise zu entwaffnen. Das Schicksal Kambodschas gleicht einer Tragödie ohne Ende. Michael Sontheimer