Staatsbegräbnis CSFR

■ Tschechisches und slowenisches Parlament sollen bis zum 30.September die Einzelheiten regeln

Prag (ap/taz) — 74 Jahre nach ihrer Gründung ist die Tschechoslowakei am Ende angelangt. Nach langem, vergeblichem Gerangel um Regierungsbildung und künftige Staatsform haben sich die Gewinner der Bundes- und Landeswahlen vom ersten Juni-Wochenende, der Tscheche Vaclav Klaus und der Slowake Vladimir Meciar, am Samstag in Preßburg (Bratislava) auf die Auflösung der Tschechoslowakischen Föderativen Republik (CSFR) geeinigt. Die Details sollen bis zum 30. September von den Landesparlamenten der Tschechischen und der Slowakischen Republik geregelt werden. Umstritten ist unter anderem der Begriff der „Konföderation“.

Die Entscheidung wurde im übrigen Europa mit Bedauern kommentiert. Der vorsitzführende portugiesische Außenminister Joao de Deus Pinheiro sagte am Rande des Außenministertreffens der Europäischen Gemeinschaft in Luxemburg, eine Aufteilung der CSFR wäre ein großer Fehler und würde die Dinge schwieriger machen. Der deutsche Außenminister Klaus Kinkel bezeichnete die Entwicklung als nicht erfreulich, warnte jedoch vor einer Einmischung und sagte, es gelte, die Dinge abzuwarten.

Der bisherige CSFR-Finanzminister Klaus, der nach der Wahl von Staatspräsident Vaclav Havel mit der Bildung einer neuen Bundesregierung beauftragt worden war, kündigte nach den 13stündigen Verhandlungen in Preßburg die Schaffung eines Übergangskabinetts an, das nur aus zehn Personen bestehen soll. Von den bisher 13 Ministerien sollen nur die fünf Ressorts Auswärtiges und Inneres, Finanzen, Wirtschaft und Verteidigung übrigbleiben.

Eine einmal von den Landesparlamenten getroffene Vereinbarung müsse von der Bundesregierung akzeptiert werden, sagte Klaus. Die Bundesregierung sei bereit, die Grundlagen für einen sanften Übergang zur Existenz von zwei unabhängigen Staaten zu schaffen, wenn sie darum gebeten werde.

(Siehe Dokumentation Seite 12)