Giftgas-Prozeß gegen Manager geht weiter

■ Richter und Verteidiger kritisieren die Bundesregierung

Darmstadt (taz) — Der Prozeß um die Lieferung von Giftgasanlagen an den Irak vor dem Landgericht Darmstadt wird vorerst nicht ausgesetzt.

Damit geht auch das Gerangel zwischen Gericht und Bundesregierung um die Freigabe von Berichten der UNO über den Beitrag deutscher Firmen zum irakischen Chemiewaffenprogramm weiter.

Vor dem Landgericht in Darmstadt sind neun Manager deutscher Firmen angeklagt, dem Irak in den achtziger Jahren illegal Anlagen zur Kampfstoffproduktion geliefert und damit das Außenwirtschaftsgesetz verletzt zu haben.

Der Vorsitzende Richter Alfred Pani lehnte gestern mehrere Anträge der Verteidigung auf Aussetzung des Verfahrens ab. Sofort beantragten die Verteidiger der angeklagten Manager erneut die Aussetzung des Verfahrens mit der Begründung, die Bundesregierung halte „gezielt“ Beweismittel zurück, indem sie Berichte der UNO-Inspektionen über die strittigen Chemieanlagen nahe des irakischen Samarra nur zögernd und unvollständig an das Gericht weiterleite. Daraufhin wurde das Verfahren bis kommenden Montag unterbrochen.

Richter Pani kritisierte erneut das Verhalten der Bundesregierung, befand aber, die erwartete Einführung neuer Zeugen oder Beweismittel sei kein Grund, die Verhandlung auszusetzen.

Pani kritisierte besonders, daß Bonn nach wie vor deutschen UNO- Inspekteuren die Aussage vor Gericht verweigere, ihnen aber gleichzeitig erlaube, Presseinterviews zu geben. Die Bundesregierung dulde damit die öffentliche Vorverurteilung der Angeklagten. Ein Verteidiger erklärte dazu: „Der Skandal dieses Verfahrens ist, daß der Prozeßstoff von Bonn bestimmt wird.“ Thomas Scheuer