Die Bombe hat voll eingeschlagen

■ Geschlechterkrieg in der Badewanne/ Matratzen als imperialistische Hauptquartiere

1. Mai 1992: Nach vier Jahren mehr oder weniger friedlicher Koexistenz, gemeinhin Liebe genannt, haben wir heute unseren Beistandspakt auf der Grundlage gemeinsamer Sicherheitspartnerschaft mit sofortiger Wirkung aufgekündigt. Er sagte: Wir haben nicht mehr dieselben Interessen. Der Pakt ist mir zu eng geworden, ich will mich entfalten, ausdehnen in alle Richtungen. Ich sagte: Tatsächlich, wir haben nie dieselben Interessen gehabt. Ein Pakt zwischen Mann und Frau ist immer ein Pakt zwischen Ungleichen: Ich gab, du nahmst. Das waren unsere gefühlsökonomischen Beziehungen. Ein ungleicher Handel. Paß bloß auf! Mit der dummen Geduld des Pazifismus habe ich nur deine Plünderungsfeldzüge unterstützt, statt den Aufstand zu üben. Das ist jetzt vorbei: Auch ich will die Macht, und wenn sie zum Gleichgewicht des Schreckens wird. Gehen wir zur Abschreckungspolitik über. Oder zu gefühlsökonomischen Sanktionen nach Art der UNO.

7. Mai 1992: Ich rüste mich, sehe mich für alles vor. Ich habe mich rundherum mit Panzern versehen. Noch protestiert er in diplomatischen Noten: Meine angeblich einseitige Bedrohung lasse er sich nicht länger gefallen.

10. Mai 1992: Ich bin in Bombenstimmung. Es ist passiert: Er hat ein anderes weibliches Territorium überfallen und erobert. Das Territorium hat auch noch gejubelt, es wird seinem neuen Herrscher wohl die Füße küssen. Alle diplomatischen Beziehungen sind abgebrochen. Meine schwersten Geschütze werde ich auffahren.

11. Mai 1992: Ernster Grenzzwischenfall! Man kann von Glück sagen, daß bisher nur konventionelle Waffen eingesetzt wurden. Ich habe ihm eine geknallt, und er hat zurück- gedonnert.

12. Mai 1992: Meine Spioninnen berichten mir, der Gegner sinne auf Rache. Er hat Bündnispartner konsultiert, ein neues strategisches Konzept sei ausgeheckt worden. Mit dieser Nachrüstung will er gleich zum Erstschlag übergehen. Angeblich, um den Konflikt zu begrenzen und mich auf meinen angestammten Platz zu verweisen. Seine neu stationierten Waffen zielen direkt auf die Bastion meines feministischen Bewußtseins: entweder kapitulieren oder verkloppt werden.

13. Mai 1992: Im Gegenzug habe ich meine weiblichen Verbündeten mobil gemacht und um Flankenschutz gebeten. Diese haben mich schon lange bedrängt, meine Beziehung zur Welt des Patriarchats endlich abzubrechen: dort spekuliere man doch nur auf endgültige Kolonialisierung. Wir haben einen Präventivschlag unternommen und seine Matratze als imperialistisches Hauptquartier in der Badewanne ersäuft.

17. Mai 1992: Welche gräßliche Eskalation! In seinem Rachefeldzug hat er ABC-Waffen gegen mein Rückzugsgebiet eingesetzt: Aggression, Bedrohung und Cholerik. Damit hat er meine Wohngemeinschaftsverbündeten eingeschüchtert und dann meine Frauenbücher zerfetzt, meine Möbel zertrümmert und mein lila Bettzeug rot besprüht. Die Bombe hat voll eingeschlagen.

20. Mai 1992: Wir sind wieder aus den Schützengräben herausgekrochen. Nach schwierigen Waffenstillstandsverhandlungen an neutralem Ort haben wir die Einflußsphären neu aufgeteilt: Er versprach seinen Rückzug aus dem neubesetzten weiblichen Territorium, dafür werden ich und meine Bündnispartnerinnen uns zukünftiger Guerilla-Überfälle zu enthalten versuchen. Es sind gegenseitige Reparationszahlungen zum Kauf einer neuen Matratze und zur Beseitigung des Schlachtfelds in meinem Zimmer vereinbart worden.

24. Mai 1992: Er will sich nicht von seinem eroberten Territorium zurückziehen. Ich habe ihn Saddam genannt und er mich eine blöde Schnepfe. Ute Scheub