Boris wieder daheim

■ Becker und Stich siegten zu Beginn der geheimen Tennis-WM, Jimmy Connors schon ausgejimbot

Wimbledon (dpa/taz) — Ohne zu fragen, haben sie sein Wohnzimmer umgebaut, und die lästigen Träger entfernt, die den Zuschauern immer die Sicht versperrten. Doch Boris Becker fühlt sich weiter wohl, denn die Hauptsache ist gleich geblieben: Sein grüner Teppich unten, der königliche rote Teppich ein paar Etagen höher. So haute der dreimalige Wimbledon- Gewinner zum Auftakt der 106. All England Championships den ärmsten Italiener Omar Camporese, der ihm auf Sand meist unangenehme Matche lieferte, mit 7:5, 6:3, 7:5 vom Rasen. Dies tat er in der lässigen Pose der Selbstverständlichkeit. Dabei war der Sieg der erste seit sechs Wochen für Boris Becker, der trainerlos nach Wimbledon gereist war. „Mein Hauptkonkurrent bin ich selbst“, urteilte Becker und blickte herablassend auf seine Serie sportlicher Rückschläge. „Jeder Sportler hat Höhen und Tiefen. Man braucht auch mal Zeit, um sich ranzuarbeiten.“ In der zweiten Runde trifft er auf den 19jährigen Prager Martin Damm, Nummer 116 der Weltrangliste. Beste Aussichten auf den Gesamtsieg hat nach Ansicht Beckers sein Vorjahresbezwinger Stich. „Er ist mein Turnierfavorit. Rasen ist sein bester Belag, weil er ein ganz ausgereiftes Serve and Volley beherrscht.“ Auch Stich selbst nahm nach seinem gelungenen Start die Klappe voll: „Ich spiele auf Gras noch besser als im vergangenen Jahr.“ Der Weltranglisten-Vierte ließ zum Auftakt den Italiener Stefan Pescosolido vor 13.000 Zuschauern wie einen Flummi hin- und herspringen, bis er ihn nach 1:31 Stunden mit 6:3, 6:3, 6:2 entließ. Doch von Nostalgie einlullen läßt sich der trockene Kalkulator nicht: „Es war ein großartiges Gefühl, wieder da draußen zu sein. Aber mit Schwelgen in Erinnerungen kann man kein Match gewinnen.“ Eher unbeliebt machte sich der Mexikaner Luis Herrera. Respektlos und ohne Rücksicht auf das Jimbo-süchtige Publikum warf er den für spektakuläre Matche berühmten Altstar Jimmy Connors mit 6:2, 1:6, 7:5, 6:3 hinaus.

Bei den Frauen setzte sich in der ersten Runde die Zehnte der Weltrangliste, Anke Huber, gegen die Italienerin Linda Ferrando mit 6:4, 6:4 durch. Insgesamt gaben neun Aktive aus dem 25köpfigen deutschen Mammutaufgebot am Wimbledon-Eröffnungstag ihre Abschiedsvorstellung. Während der Bamberger Patrik Kühnen gegen den an Nummer zehn gesetzten Ivan Lendl (CSFR) eine gute Figur abgab und unglücklich mit 1:6, 6:7 (6:8), 6:7 (5:7) verlor, waren Markus Zoecke (Berlin) gegen den Weltranglisten-Ersten Jim Courier (USA) und Lars Koslowski (Neuss) gegen den Geheimfavoriten Goran Ivanisevic (Kroatien) völlig chancenlos. Der Stuttgarter Carl-Uwe Steeb, für den Wimbledon ohnehin nur eine lästige Pflichtaufgabe zwischen den Sandplatzturnieren bedeutete, verlor gegen den Qualifikanten Kent Kinnear (USA) mit 6:7 (6:8), 2:6, 7:6 (9:7). Ebenfalls ausgeschieden sind Silke Meier (Heidelberg), Meike Babel (Neu-Isenburg), Katja Oeljeklaus (Münster), Wiltrud Probst (München) und Markus Naewie (Mannheim). miß