Slowakei proklamiert baldige Souveränität

Bratislava/Prag (ap) — Das neue Parlament in Bratislava wird in der kommenden Woche die Souveränität der Slowakischen Republik proklamieren. Damit ist formell das Ende der tschechoslowakischen Föderation eingeleitet. Auf der konstituierenden Sitzung des slowakischen Parlaments wurde gestern deutlich, daß eine Abstimmung über eine entsprechende politische Erklärung stattfinden wird. Der Vorsitzende der Bewegung für eine Demokratische Slowakei (HZDS), Vladimir Meciar, erklärte, dies bedeute noch nicht die Eigenstaatlichkeit. Für Grabreden auf den vor 74 Jahren gegründeten Staat gebe es keinen Anlaß.

Meciar hatte sich am Samstag mit dem tschechischen Finanzminister Vaclav Klaus grundsätzlich auf die friedliche Teilung der CSRF in eine Tschechische und eine Slowakische Republik geeinigt. Dabei sollen die beiden Parlamente in Prag und Bratislava unter Berücksichtigung der Verfassung einen entsprechenden Vertrag unterzeichnen. Bestrebungen, die Bevölkerung nicht über den Teilungsbeschluß abstimmen zu lassen, lösten inzwischen heftige Kritik aus.

Auf der konstituierenden Sitzung des slowakischen Parlaments wurde der HZDS-Politiker Ivan Gasparovic mit 124 zu 24 Stimmen zum Parlamentspräsidenten gewählt. Gasparovic war Anfang des Jahres von Staatspräsident Vaclav Havel als Generalstaatsanwalt entlassen worden. Die beabsichtigte Teilung stieß jedoch auch auf entschiedene Ablehnung.

Der abgewählte Ministerpräsident Jan Carnogursky sagte: „Dies stellt eine Bedrohung der grundlegenden Sicherheitsinteressen der Bürger der gesamten Föderation und besonders der Slowakei dar.“ Carnogursky spielte damit auf die ungarische Minderheit in der Slowakei an, der rund 700.000 Menschen zugerechnet werden und die bereits Autonomiewünsche im Fall einer slowakischen Eigenstaatlichkeit angemeldet hat. Außerdem bezog er sich vermutlich auch auf mögliche Ansprüche sudetendeutscher Vertriebener gegen die tschechische Republik.

Der Abgeordnete der aus der slowakischen KP hervorgegangenen Demokratischen Linken, Pavel Kanis, erklärte: „Eine Abstimmung über die politische Erklärung findet zweifellos statt. Aber die Frage bleibt, was in dem Papier steht.“ Die Demokratische Linke ist nach der HZDS die zweitstärkste Partei.