Riesenhubers derzeitiger Berlin-Sitz

■ Wo das Stadtbild zu wünschen übrigläßt (18): die »Ständige Vertretung« der alten Bundesrepublik in der DDR/ Zur Botschaft hat das Gebäude nicht gereicht

Kaum mehr als ein paar Details erinnern am Gebäude Hannoversche Straße 30 an die einstige »Ständige Vertretung der Bundesrepublik in der DDR«. Schmiedeeiserne Stäbe vergittern weiter die Fenster im Erdgeschoß. Das kleine Torhäuschen in der Einfahrt inklusive Videokameras und spiegelverglaster Scheiben vermittelt noch eine Ahnung von der früheren — versteckten — Nutzung. Die angeschweißten Vopos vor dem Haus allerdings sind verschwunden, ebenso die schlaksigen Stasi-Buben vom Gehsteig gegenüber, die sich manchmal haltlos auf Besucher des Hauses stürzten. Der freistehende Kasten gleicht heute jedem x-beliebigen nüchternen Ost-Büro-Container, in dem abgewickelt und/oder aufgebaut wird.

Es macht noch immer Probleme, in den nüchternen Bau hineinzukommen, der seit Oktober 1990 der »Außenstelle des Bundesministeriums für Forschung und Technologie« als Berlin-Sitz dient. Im fliegenden Wechsel hatte »Fliegenhuber«, wie Minister Riesenhuber auf Bonner Amtsfluren genannt wird, die Räume der »Ständigen Vertretung« übernommen. Früher residierten hier Bölling, Gaus und Bräutigam als Leiter. Politische Höhepunkte wie die tagelange Besetzung durch 131 fluchtentschlossene DDR-Ausreisewillige im August 1989 sowie Wanzen-, Abhör- und Abschiebeaktionen soll es in dem Haus nicht mehr geben. Die fünfzig Mitarbeiter des biederen Schwaben Riesenhuber sind damit beschäftigt, die Außenbehörde vorläufig »anzudocken«. Ob man bleibe, sei unsicher, heißt es.

Wie es scheint, bleibt dem siebengeschossigen Bau das Merkmal des Transitorischen erhalten. Der Kasten mit dem trutzigen Sockel wechselte in seiner Geschichte die Nutzer wie Hemden. Nach dem Auszug der »Reitenden Garde Artillerie« Friedrichs II. aus der dortigen Kaserne entstand auf den Mauern im 19. Jahrhundert ein Wohnhaus. Die Stallungen im rückseitigen Teil des Grundstücks verblieben einer Polizeischule. 1945 bezogen der Architekt Hans Scharoun und das Institut für Bauwesen die Räume.

»Der noch heute sichtbare Dachausbau«, schreibt Jonas Geist in seinem Rückblick auf die Geschichte des Hauses, »war Scharouns erste Neubaumaßnahme nach dem Krieg in Berlin und beherbergte Ateliers«. 1951 ließen sich die Planer der Stalinallee dort nieder. Zwanzig Jahre später, 1971, richtete sich die »Ständige Vertretung« darin ein.

Noch heute sieht man dem 1974 renovierten Haus seine unstete Geschichte, das Provisorium an, steht doch der weiße Kasten wie alleingelassen da: als Wohnhaus hat er ausgedient, als Bauakademie wurde er aufgegeben. Zur Botschaft hat es nicht gereicht. Ein Minister wird dort sicher nicht amtieren. Sympathisch erschiene, wenn die Dachräume wieder als Ateliers genutzt würden und der freie Stand des Hauses durch Anbauten endlich »eingefangen« werden könnte. Rolf R. Lautenschläger