Dänemark gewinnt!

■ Die Dänen haben nichts mehr zu befürchten: Kanzler Kohl bestimmt persönlich die deutsche Taktik

Atvidaberg (dpa/taz) — Am Frühstückstisch im Quartier der deutschen Nationalmannschaft piepte um 9.15 Uhr das Funktelefon. Der Chef nahm ab — und hatte Helmut Kohl in der Leitung. Zehn Minuten telefonierten Bundeskanzler und Bundestrainer miteinander. Doch was jedem Normalbürger die Laune und den Appetit für den ganzen Tag verdirbt, brachte Berti Vogts zum Strahlen: „Es war ein tolles Gespräch. Na klar, der Kanzler hat mir erzählt, wie wir die Dänen schlagen sollen“, berichtete Vogts überglücklich. „Ich habe ihm gesagt, daß es einfach nicht geht, daß die Dänen aus der Europäischen Gemeinschaft rauswollen, aber trotzdem Europameister werden“, gab Vogts seine eigene Kernaussage wieder. Nachdem ihm der Regierungschef den Rücken gestärkt hatte, fühlte sich Vogts wie befreit.

Und in der richtigen Stimmung für bleibende Worte: „Ihr habt die einmalige Chance, Fußball-Geschichte zu schreiben. Das gab es noch nie, daß ein Weltmeister auch Europameister wurde. Das Ziel müssen wir mit Power anstreben. Dann schaffen wir es“, dozierte Vogts seinen Profis. Die verzogen sich rasch, dem Geschwätz zu entkommen.

Am eiligsten hatte es Michael Schulz: Von Panik erfaßt, lieh sich der Ex-Polizist schnellstens einen Porsche, behauptete aber hernach, nicht über 90 km/h gefahren zu sein. Von der „aktiven Erholung“, die Berti verordnet hatte, wurde am Dienstag reger Gebrauch gemacht.

Karlheinz Riedle ging mit seiner Frau Gabi in den Wald, dito Stefan Effenberg mit der seinen. Der Rest der Mannschaft begnügte sich mit Spaziergängen, Golf-, Tennis- oder Schachspielen. Mit Baseballmütze auf dem Kopf machten sich Thomas Doll und Andreas Thom wichtig und gaben bereitwillig Autogramme.

Für Thomas Häßler, der die besten Chancen hat, zum besten Spieler dieser Fußball-Europameisterschaft gewählt zu werden, war Tennisspielen angesagt. Sein Partner auf dem Platz unweit des Trainingsplatzes „Kopparvallen“ war Stefan Reuter, dem die Kopfverletzung aus dem Schottland-Spiel überhaupt nicht mehr anzumerken war. Bodo Illgner, dessen Frau Bianca schon seit Beginn des Turnieres in Schweden weilt, suchte die Ruhe in den Parks und ließ sich nur ungern von Fernseh- und Fotokameras einfangen. „Einmal brauche ich den Freiraum.“

Warscheinlicher ist jedoch, daß er heimlich ein Bier trinken will. Das nämlich hat Teamarzt Professor Wilfried Kindermann streng verboten. Nach dem 3:2-Erfolg im Halbfinale gegen Schweden wollten sich die Jungs gerne ein paar Flaschen Bier gönnen. Aber Kindermann sprang dazwischen: „Ich habe gesagt: Jungs, paßt auf, macht euch nicht alles kaputt.“ Und sie gehorchten. „Ich habe ihnen eingebleut, daß sie nach dem Finale alles essen und trinken können, was sie wollen“, sagte Kindermann und erzählt: „Die Holländer haben nach dem Sieg über uns die ganze Nacht gesoffen.“