Finnland kauft 100.000 chinesische Gewehre

Berlin (taz) — Das jahrzehntelang neutrale Finnland rüstet auf: Nach großen Waffenkäufen in den USA und Deutschland hat Helsinki jetzt auch einen Deal mit China gemacht. 100.000 chinesischen Sturmgewehre plus Ersatzteile werden Ende August geliefert. Bei einem „Ernstfall“ sollen sie zur Verteidigung des kleinen skandinavischen Landes mit der langen Grenze zu Rußland beitragen. Der Preis für diese größte chinesische Rüstungslieferung nach Finnland wird — angeblich auf Wunsch der Verkäuferin — geheimgehalten. Nach Schätzungen soll er zwischen 20 und 40 Millionen DM liegen.

Die den Kalaschnikows ähnlichen Gewehre wurden bereits im vergangenen Jahr gekauft und aus dem Verteidigungshaushalt bezahlt. Das meldete die Tageszeitung 'Helsingin Sanomat‘ am Dienstag. Wenige Tage vor dem Bekanntwerden des Geschäftes hatte das renommierte Stockholmer Friedensforschungsinstitut (SIPRI) seinen Jahresbericht für 1991 vorgelegt, wonach die Rüstungsausgaben weltweit geringfügig geschrumpft sind. Nur China steigerte sein Rüstungsbudget ganz beträchtlich.

Bis zum Ende des von Stalin erzwungenen „Freundschaftsvertrages“ im vergangenen Jahr hatte Finnland einen großen Teil seiner Waffen in der Sowjetunion und anderen osteuropäischen Ländern gekauft. Seither hat das Land mit nur fünf Millionen Einwohnern seine Rüstungsgeschäfte weltweit gestreut. So stand es mit Frankreich in Verhandlungen über den Kauf von mehreren Dutzend Mirage-Kriegsflugzeugen. Interesse signalisierte es auch an Kriegsflugzeugen des schwedischen Unternehmens Saab. Helsinkis Ausstieg aus den Verhandlungen versetzte besonders der französischen Rüstungsindustrie einen schweren Schlag.

Statt der Mirages enschied sich Finnland im Mai für 64 amerikanische Kampfflugzeuge des Typs F-18. Rund vier Milliarden DM kostet dieses größte Rüstungsgeschäft der finnischen Geschichte, das innenpolitisch auf heftige Kritik gestoßen ist. Weniger umstritten sind in Finnland die großen Käufe aus den Restbeständen der DDR-Armee NVA. Diese Waffen, darunter Panzer, Munition und Gewehre, gelten als besonders preisgünstig. Zudem stammen sie aus „Produktlinien“, die auch schon früher in der finnischen Armee vertreten waren. Und weil Finnlands Annäherung an die Nato so vielversprechend sei, wünschte sich Anfang Juni auch Bonns Verteidigungsminister Rühe bei einem Helsinki-Besuch, daß diese Waffengeschäfte weitergingen. Dorothea Hahn