Kürzungen „ohne Tabus“

■ Bildungssenator Scherf verteidigt vor Reichsbund-Azubis die Sparbeschlüsse

Versprechen ist Versprechen. Als Bildungssenator Henning Scherf vor drei Wochen einem Demonstrationszug von Auszubildenden der Berufsschule des Reichsbundes mehr zufällig in die Arme gelaufen war, versprach er, bei Gelegenheit vorbeizukommen. Gestern nachmittag war die Gelegenheit bei einer Betriebsversammlung des Reichsbundes neben dem Uni-Gelände gekommen.

Der Reichsbund bildet in 12 Berufen überwiegend Behinderte und Sonderschüler aus. Der Grund der Demo und der Verabredung: In der Berufsschule des Reichsbundes, formal eine Privatschule, staatlich aber voll anerkannt und deshalb mit viel Geld aus der Bildungsbehörde unterstützt, hat Scherf das Sparskalpell angesetzt. Im kommenden Jahr sollen knapp 400.000 Mark weniger für Personalkosten gezahlt werden und die Mittel für Lehr- und Lernmittel um 34 Prozent schrumpfen.

Für den Unterricht der Azubis bedeutet das im nächsten Schuljahr: Sieben Lehrer weniger, die Klassenfrequenzen steigen von derzeit zehn auf 16, die Zahl der Klassen würde von derzeit 38 auf 23 reduziert.

„Wissen Sie eigentlich, was das für unsere Ausbildung bedeutet, wenn jetzt ganze Berufsgruppen zusammengelegt werden müssen, weil nicht mehr genug Lehrer da sind“, fragte ein Rollstuhlfahrer den Senator.

Scherf wußte es nicht, weil er immer noch „von Sozialpolitik mehr versteht als von Bildungspolitik.“ Die rigorosen Sparpläne zwängen ihn aber, vor keiner Schule halt zu machen: „Wie soll ich den öffentlichen Schulen den Sparkurs klarmachen, wenn ich hier Ausnahmen zulasse?“

Schärfstes Argument der Lehrerschaft beim Reichsbund: Mit einer Klassenfrequnez von 16 Schülern läge Bremen im Bundesdurchschnitt klar hinten. Vertraglich sei zwar genau diese Quote festgeschrieben, „man hat uns aber immer besser bedient aus der pädagogischen Einsicht heraus, daß es mit 16 nicht geht“, glaubt Reichsbund-Geschäftsführer Murras. Scherf war anders informiert. Die von der Lehrerschaft genannte Frequenz sei ihm neu, er habe aus seinem Hause andere Zahlen.

Das wolle er überprüfen, und überhaupt sei ja noch nichts entscheiden, so Scherf. Klar sei aber: Tabus werde es bei den Kürzungen nicht geben, „auch nicht bei den Behinderten“. Schließlich gehe es nur um das eine, nämlich um Geld, „und wenn ich hier davon nicht reden soll, dann kann ich gleich wieder nach Huase gehen“, sagte der Bildungssenator. mad