BMWs aus dem Billiglohnland USA

Die niedrigen Löhne im Bundesstaat South Carolina locken die Münchner Autobauer über den Teich  ■ Aus Washington Andrea Böhm

Ein BMW made in South Carolina — das könnte so manchen US-Konsumenten befremden. Denn wer sich bislang in den USA einen „Bi Äm Dabbelju“ zulegte, verließ sich nicht zuletzt auf das seligsprechende Label made in Germany. Doch ab 1995, so gab BMW am Dienstag bekannt, sollen die Autos für den amerikanischen Markt nicht mehr in Deutschland, sondern in Spartansburg, South Carolina, vom Band laufen. 400 Millionen Dollar will der Autokonzern dort investieren, um eine Produktionsanlage zu errichten, in der 2.000 Beschäftigte täglich 300 Autos fertigstellen sollen. Geplant ist eine neue Version der 3er-Serie, einem Wagen der unteren BMW-Preisklasse, der dann für rund 25.000 Dollar auf den Markt gehen soll (ab 30.000 Dollar Stückpreis wird in den USA eine Luxussteuer aufgeschlagen).

Ob sich die zukünftigen BMW- BandarbeiterInnen in Spartansburg eines dieser Exemplare leisten können, erscheint allerdings unwahrscheinlich. Im Vergleich zum nationalen Durchschnitt von 16 Dollar Stundenlohn in der US-Autoindustrie ist South Carolina ein Billiglohnstaat. Der durchschnittliche Stundenlohn in der Region um Spartansburg beträgt knapp 10 Dollar. BMW-Vertreter in Spartansburg machten deutlich, daß sie nicht mehr zu zahlen gedenken. Die Aussicht, die Gesamtlohnkosten im Vergleich zu Deutschland um 30 Prozent senken zu können, war denn auch ein ausschlaggebender Grund, die Produktion in die USA zu verlegen. Und die Ankündigung der Gewerkschaft United Automobilworkers (UAW), die neuen Kollegen in Spartansburg zu organisieren, dürfte das BMW- Management angesichts des politischen Machtverlusts der US-Gewerkschaften kaum beeindruckt haben.

Nicht nur bezüglich der niedrigen Lohnkosten rühmt man sich in South Carolina, ausländischen Unternehmen ein sehr investitionsfreundliches Klima zu bieten — vor allem durch Steuererleichterungen und großzügige staatliche Zuschüsse bei der Infrastruktur. Auf diese Weise wurden Konzerne wie Michelin, Hoechst, Hitachi oder adidas nach South Carolina geholt. Der Bundesstaat verzeichnet in den USA heute die höchste ausländische Investitionsrate pro Kopf. Im Fall von BMW werden Steuererleichterungen und Investitionsanreize auf 150 Millionen Dollar beziffert. Unter anderem hat der US-Bundesstaat dem Konzern angeboten, für 30 Millionen Dollar Land zu kaufen und für die Produktionsanlage zu präparieren, für 10 Millionen Dollar das Straßennetz auszubauen sowie den Flughafen von Greenville-Spartansburg zu vergrößern.

Doch der Erfolg ist für BMW damit keineswegs garantiert. In den 80er Jahren hatte bereits VW eine böse Bruchlandung erlitten: 1988 mußte der Wolfsburger Konzern seine US-Fabrik in Pennsylvania schließen, unter anderem weil der Rabbit, die amerikanische Version des Golfs, innerhalb kurzer Zeit aufgrund von Qualitätsproblemen die Reputation der unverwüstlichen German car verloren hatte. Diesen Fehler will BMW vermeiden und zumindest in den ersten Jahren einen Großteil der Produktionsteile aus Deutschland importieren.

Die Vorsicht scheint angebracht, denn BMW muß mit seiner neuen Produktionsanlage versuchen, ständig sinkende Verkaufszahlen in den USA aufzufangen. Wurden Mitte der achtziger Jahre noch mehr als 90.000 Autos pro Jahr verkauft, sank die Zahl 1991 auf 53.300. Weil der Dollar immer schwächer wurde, mußte BMW den US-Kunden immer mehr Geld abknöpfen, um die Produktionskosten im profitträchtigen Rahmen zu halten.

Das Problem des Wechselkurses ist man mit dem neuen Standort in den USA zum Teil los. Aber bereits jetzt prophezeite ein Marktanalytiker in der 'New York Times‘, daß BMW seinen Schritt in ein paar Jahren bereuen könnte, wenn es in den Autopreiskrieg mit Toyota, Nissan, Mitsubishi und einer wiedererstarkten US-Autoindustrie eintreten muß. Letztere verlagert ihre Produktonsstätten zunehmend Richtung Mexiko, wo die Lohnkosten noch billiger sind.