Furcht vor neuem Putsch in Thailand

■ Die Übergangsregierung laviert zwischen dem mächtigen Militär und den Demokratieforderungen einer zornigen Öffentlichkeit/ Schwere Aufgabe für Anand

Berlin (taz) — Erleichtert und sogar begeistert hatte die thailändische Bevölkerung in der vergangenen Woche die Ernennung des Exdiplomaten und Geschäftsmannes Anand Panyarachun zum Interimspremier aufgenommen. Anand, der bereits nach dem Putsch vom Februar 1991 vom Militär als Ministerpräsident eingesetzt worden war, hatte sich als einer der kompetentesten und beliebtesten Regierungschefs der Geschichte des Landes erwiesen. Seine Popularität war unter anderem auch darauf zurückzuführen, daß er auf seiner Eigenständigkeit gegenüber der herrschenden Militärclique beharrte. Er wolle nicht mehr als vier Monate im Amt bleiben, kündigte Anand am Mittwoch vergangener Woche an. Dann sollen Neuwahlen stattfinden.

„Ich habe eben Pech“, kommentierte Anand seine erneute Ernennung. Tatsächlich steht er vor der schier unerfüllbaren Aufgabe, in dem „elementaren Kampf zwischen den Kräften der alten militärischen Ordnung und jenen der neuen demokratischen Hoffnung“ zu vermitteln, wie es ein Kommentator formulierte. Die Generäle um den gestürzten Suchinda Kraprayoon — der vor seinem Abtritt noch schnell eine Amnestie für alle Verantwortlichen der Massaker vom Mai verfügt hatte — zeigen sich reuelos und nicht bereit, auch nur ein Jota von ihrer politischen und wirtschaftlichen Macht abzurücken. Immer wieder wird in Bangkok die Gefahr eines erneuten Putsch beschworen.

Auf der anderen Seite steht die Erwartung der Öffentlichkeit, daß die für die Verbrechen vom 17. bis 20. Mai Verantwortlichen vor Gericht gestellt werden. Das Verfassungsgericht beschäftigt sich gegenwärtig mit der Forderung der Oppositionsparteien, Suchindas Amnestie für illegal zu erklären. Noch immer ist das Schicksal Hunderter seit den Massakern verschwundener Menschen nicht geklärt. Das Militär habe die Opfer ihrer brutalen Angriffe heimlich verbrannt oder aus Hubschraubern über dem Dschungel abgeworfen, wird in Bangkok erzählt.