AKW-Betreiber planen Atommüll-Tausch

Hannover (taz) — Die bundesdeutschen AKW-Betreiber bereiten gegenwärtig über die Essener Gesellschaft für Nuklear-Service (GNS) einen großangelegten Atommüll- Tauschhandel mit den Wiederaufarbeitungsanlagen in England und Frankreich vor. Wie das Umweltministerium in Hannover gestern mitteilte, soll die GNS in Verhandlungen mit den WAA-Betreibern von Sellafield und La Hague erreichen, daß der bei der bundesdeutschen Auslandswiederaufarbeitung entstehende schwach- und mittelaktive Atommüll gleich jenseits der Grenzen endgelagert wird. Im Gegenzug seien die AKW-Betreiber bereit, auch hochradiokativen WAA-Müll zu übernehmen, der nicht aus bundesdeutschen AKWs stamme.

In den Tausch großer Mengen schwach- und mittelaktiven Mülls gegen geringere Mengen hochaktiven Mülls sollen auch jene strahlenden Abfälle einbezogen werden, die im Ausland nur konditioniert würden, erklärte die Sprecherin des Umweltministeriums. Nach diesen Plänen sei mit einer Rückführung von Abfällen in die BRD, die für das niedersächsische Endlager Schacht Konrad geeignet seien, praktisch nicht mehr zu rechnen. Falls die Tauschpläne der Energieversorgungsunternehmen realisiert würden, sei das geplante Endlager Konrad überflüssig.

Im Hintergrund des Deals stehen nach Angaben des Umweltministeriums Schwierigkeiten der AKW-Betreiber, die sich aus den Verträgen über die Rücknahmen von bundesdeutschem Atommüll ergeben. Darin haben die AKW-Betreiber vereinbart, nur „spezifizierte“ Abfälle zurückzunehmen, deren Zusammensetzung, Aktivität und Wärmeentwicklung festehen muß. Diese Angaben können aber nur mit hohem technischem und finanziellem Aufwand ermittelt werden. Ohne solche Angaben sei eine Endlagerung in der BRD nicht möglich.

Die GNS verweigerte gestern jede Auskunft. Nach Angaben des Umweltministeriums führt die GNS bereits Verhandlungen mit den britischen Wiederaufarbeitern, Gespräche mit den französischen WAA- Betreibern sollen folgen. Das Tauschgeschäft mit Großbritannien hätte zur Folge, daß bundesdeutscher Atommüll dort oberflächennah vergraben würde. Im Gegenzug würden in „Glaskokillen“ gegossenener hochradioaktiver Müll in die BRD gebracht. Jürgen Voges