Grüne lernen von Haase

■ Bündnis 90/Grüne verzweifeln an Großer Koalition

Rathaus. Wenn Verkehrssenator Herwig Haase (CDU) eine Pressekonferenz veranstaltet, muß man damit rechnen, daß der Senator nichts Neues berichten wird. Von der Opposition wird er dann besonders heftig gescholten. Spätestens seit gestern scheint Haase aber Vorbild der Alternativen geworden zu sein.

Der verkehrspolitische Sprecher der Fraktion Bündnis 90/ Grüne, Michael Cramer, hatte so gut wie nichts Neues zu berichten, redete aber — ohne Luft zu holen — zwanzig Minuten auf ein Dutzend anwesender Journalisten ein. Weinerliches Fazit des Monologs im Schöneberger Rathaus: Wir haben zwar die besseren Argumente — neuerdings in der fünfzigseitigen Broschüre »Unterwegs — Berlin auf dem Weg zur autofreien Stadt« zusammengefaßt —, aber unsere Anträge werden im Rathaus immer wieder abgelehnt.

Wie die Ökopartei mit ihren »besseren Argumenten« im Schöneberger Rathaus an Einfluß gewinnen kann, wußte Cramer aber auch nicht zu beantworten. Laut Umfragen würden 70 Prozent der Berliner Bürger Bus und Bahn bevorzugen und der Opposition gerade in der Verkehrspolitik besonders viel Kompetenz zutrauen, betonte der Abgeordnete. Daß Umfragen den Regierungsparteien offenbar genauso egal sind wie die besseren Argumente des oppositionellen Verkehrspolitikers, scheint Cramer entgangen zu sein.

Neu war nur, daß die Berliner Bürgerbewegten Rückenwind aus Brüssel bekommen. Ein Gutachten der EG komme zu dem Schluß, daß autofreie Städte bis zu fünfmal billiger seien als Städte wie Berlin, in denen die Blechlawine Vorfahrt genießt. Doch auch das war nicht richtig neu. Über das entsprechende Gutachten war bereits letzte Woche berichtet worden.

So kann man nach eineinhalb Jahren Großer Koalition folgendes Fazit ziehen: Die Opposition hat auch keine neuen Ideen, außer der, trotzdem Pressekonferenzen zu veranstalten. So lernen die Grünen von Haase. diak