Norweger schlachten Wale notfalls allein

Berlin (taz/ap) - Norwegen will im kommenden Jahr im Nordatlantik wieder Minkwale schlachten, unabhängig vom Ausgang der laufenden Jahrestagung der Internationalen Walfang-Kommission (IWC). Mit dieser Ankündigung schockte die norwegische Regierung gestern die Diplomaten aus 37 Ländern, die sich zur Jahrestagung der IWC in Glasgow versammelt hatten.

Norwegens Delegationsleiter Jan Aversen sagte, die 86.700 Minkwalen im Nordatlantik rechtfertigten die erneute Jagd. Die norwegische Ministerpräsidentin Gro Harlem Brundtland kündigte angesichts internationaler Proteste in Oslo an, daß ihre Regierung „den Sturm hoch erhobenen Hauptes“ überstehen.

Aversens Zahlen sind sehr umstritten. Seit Jahren schätzen Oslos Wissenschaftler die Walbestände im Nordatlantik selbst. Ihre Schätzungen liegen dabei um 25 Prozent über den offiziellen IWC-Zahlen. „Die Zahlen der offiziellen IWC-Wissenschaftler schwanken immer zwischen 65.000 und 70.000, zuletzt noch im vergangenen Jahr“, so Patricia Becher-Ketterer von Greenpeace.

Das norwegische Vorgehen löste in Glasgow sofort heftige Kritik aus. Das amerikanische IWC-Mitglied John Knauss schimpfte, die Kommission dürfe sich nicht „die Pistole an die Schläfe“ halten lassen. Verstärkung dürfte Norwegen aber von Island und Japan erhalten. ten