USA: Abtreibung eingeschränkt

Oberster Gerichtshof in Washington fällt ein angeblich salomonisches Urteil  ■ Aus Washington Martina Sprengel

Neunzehn Jahre nachdem Abtreibung in den USA legalisiert und von den Obersten Verfassungsrichtern mit ihrem historischen Urteil in dem Fall „Roe gegen Wade“ sogar als Grundrecht installiert wurde, hat das Richtergremium dem Selbstbestimmungsrecht der amerikanischen Frauen einen schweren Schlag zugefügt.

In einer lange erwarteten Entscheidung bestätigte der Supreme Court in Washington am Montag einzelne Bestimmungen eines im US- Staat Pennsylvania 1989 verabschiedetes Gesetz, das den Zugang zu Abtreibungen einschränkt. Für viele Beobachter überraschend, erklärte die Mehrheit der Richter allerdings gleichzeitig die Prinzipien des im Jahr 1973 gefällten Grundsatzurteils „Roe gegen Wade“ für weiterhin gültig.

In ersten Reaktionen sprachen Rechtsexperten von einem „salomonischen Urteil“, das Zugeständnisse an beide Seiten in der Auseinandersetzung um das amerikanische Abtreibungsrecht gemacht habe. Kitty Kolbert, die die Abtreibungsbefürworter in dem Fall vor dem Supreme Court vertreten hatte, meinte nach Veröffentlichung des Urteils, das Grundrecht auf Abtreibung sei damit abgeschafft. Die Richter hätten den Staaten damit Tür und Tor geöffnet, weitere Beschränkungen zu verabschieden.

Terry Randall von den militanten Abtreibungsgegnern von der Gruppe „Operation rescue“ bemerkte in einer ersten Reaktion, drei der von den Präsidenten Bush und Reagan ernannten Richter seien der Lebensschützer-Bewegung in den Rücken gefallen.

Der „Pennsylvania Abortion Control Act“, über den das neunköpfige Gremium am Montag entschied, sieht eine 24stündige Wartezeit zwischen dem Schwangerschaftsabbruch und einem Beratungsgespräch vor, das die Frau über die Entwicklung des Fötus und die Alternativen zu einer Abtreibung informieren soll.

Darüber hinaus müssen Teenager die Zustimmung ihrer Eltern einholen und verheiratete Schwangere ihren Ehemann über ihre Entscheidung informieren. Die letzte Bestimmung war von einem Gericht für verfassungswidrig und ungültig erklärt worden, dieses Urteil wurde von den Verfassungsrichtern bestätigt.

Mit „Roe gegen Wade“ hatte der Supreme Court 1973 Abbrüche bis zur 24. Schwangerschaftswoche legalisiert. Indikationen, ob sozial oder medizinisch, waren bis 1989 ebensowenig vorgesehen wie Beratungsgespräche.

In ihrer Entscheidung im Fall Webster gestanden die Richter allerdings vor drei Jahren den Einzelstaaten erstmals einen gewissen Spielraum in der Verabschiedung von Einschränkungen für Abtreibungen zu. Entscheidendes Kriterium war, ob eine solche Beschränkung eine „unzumutbare Belastung“ für die Frau darstellen würde. Dieser von der Richterin Sandra Day O'Connor entwickelte Test wurde jetzt offensichlich aufrechterhalten.