»Die Illusionisten sind am Ruder«

■ Fusionsverhandlungen mit Brandenburg stocken/ Potsdamer Finanzminister kritisiert übergroßen Optimismus des Senats/ Bei Vereinigung fehlen Berlin zehn Milliarden

Berlin/Potsdam. Die Verhandlungen über eine Vereinigung der Bundesländer Berlin und Brandenburg kommen kaum voran. Nach der vierten Sitzung der gemeinsamen Regierungskommission beider Länder, sagte der Chef der Berliner Senatskanzlei, Volker Kähne (parteilos), gestern in Potsdam, »die Probleme sind noch deutlicher geworden«. Die Unterredung sei »kein Schritt in Richtung Vereinigung« gewesen. Auch für den Chef der brandenburgischen Staatskanzlei, Jürgen Linde (SPD), ist es nach wie vor »durchaus offen«, ob die Regierungskommission im Herbst eine Vereinigung oder »enge Kooperation« empfiehlt. Er sei allerdings »verhalten optimistisch«, daß die Vereinigung zustande kommt, sagte Kähne weiter. Unterschiedliche Standpunkte gebe es über den kommunalen Finanzausgleich und die künftige Verwaltungsstruktur Berlins.

Lautstarke Kritik an den bisherigen Verhandlungen übte der brandenburgische Finanzminister Klaus- Dieter Kühbacher(SPD). In der Regierungskommission, so Kühbacher, seien »offensichtlich nicht mehr die Realisten, sondern die Positivisten und Illusionisten am Ruder«. Die von Beamten beider Länder vorgelegten Daten über finanzielle Probleme eines gemeinsamen Landes seien von Berliner Seite kaum zur Kenntnis genommen worden, hieß es aus Kühbachers Ministeriums.

Wie berichtet, müßte Berlin in einem gemeinsamen Land den größten Teil seines bisherigen Steueraufkommens abgeben. Aus Brandenburger Sicht kann die Stadt nur einen Teil dieser Gelder über den kommunalen Finanzausgleich zurückerhalten. Im Ergebnis stünde Berlin vor einem jährlichen Defizit von mindestens zehn Milliarden Mark, errechneten die Experten. Um diese Probleme zu entschärfen, seien »unmittelbare Finanzausgleichsleistungen des Bundes« nötig, bekräftigten gestern Vertreter beider Seiten. Die Berlin-Hilfe des Bundes müsse »in abgespeckter Form« über längere Zeit beibehalten werde. hmt