NRW hält an Roma-Rückführung fest

Minister: Reintegrationsprojekt in Skopje „weitgehend gelungen“/ Harte Kritik von SPD-Abgeordnetem  ■ Aus Düsseldorf Walter Jakobs

Die nordrhein-westfälische Landesregierung hält das heftig umstrittene Rückführungsprogramm für Roma nach Mazedonien für „weitgehend gelungen“. Bis jetzt seien, so der Chef der Staatskanzlei, Wolfgang Clement, gestern in Düsseldorf, 300 Roma aus NRW nach Mazedonien zurückgekehrt. „Weitere 300, die zurückkehren wollen, drängen uns, nun bald nach Skopje reisen zu können.“

In dem Skopje-Stadtteil Shutka, in dem etwa 20- bis 25.000 Roma unter erbärmlichsten Bedingungen leben, werden die Rückkehrer in aus NRW finanzierten neu errichteten Häusern untergebracht.

Das sogenannte „Reintegrationsprogramm Skopje“ läuft seit Ende 1991 — als politische Antwort auf den „Bettelmarsch“ der Roma für ein Bleiberecht. Statt das Bleiberecht zu gewähren, gebar die Landesregierung seinerzeit die „neue Flüchtlingspolitik“, eine finanziell abgefederte Rückführung für jene, die sich „freiwillig“ zur Rückkehr entschlossen. Für Roma aus Mazedonien, denen fast ausnahmslos kein Asyl gewährt wird, läuft die Ablehnung des Programms in der Regel auf die zwangsweise Abschiebung hinaus.

Nach den Worten von Clement haben sich bisher 600 der ursprünglich 1.400 betroffenen Roma für die „freiwillige“ Rückwanderung entschlossen. Inzwischen leben die 66 zurückgekehrten Familien in 58 festen Wohnhäusern und Containern. Im ersten Jahr sind die 50.000 Mark teuren Wohnungen mietfrei. Für etwa 50 der 144 arbeitsfähigen Personen gibt es nach Auskunft von Clement inzwischen auch eine Erwerbsmöglichkeit. 22 arbeiten in zwei normalen mazedonischen Firmen. Die weiteren finden in einem mit Mitteln aus NRW gegründeten Baugeschäft und einer Großküche einen Job. Nach den Worten des Unternehmensberaters Hans Jürgen Möller, der die Abwicklung vor Ort begleitet, haben die neu gegründeten Firmen „gute Chancen“, in Zukunft auf eigenen Füßen stehend, ökonomisch zu überleben. Wolfgang Clement ist überzeugt, daß das „Projekt Skopje“ „bei der Bekämpfung von Armutsflucht seinen Modellcharakter unter Beweis stellen“ wird. Clement wertet den bisherigen Verlauf als „außerordentlich ermutigend“.

Zu einer völlig anderen Einschätzung gelangte dagegen der SPD- Bundestagsabgeordnete Peter Reuschenbach nach einem Besuch in Skopje. „Am 12. Mai, dem letzten Tag meines Aufenthaltes in Skopje, gab es keinen einzigen sicheren Arbeitsplatz. Die in Aussicht stehenden waren an einer Hand abzuzählen.“ Reuschenbach fordert in einem Bericht für seine Fraktion die Landesregierung auf, „jetzt eine Pause zum Nachdenken“ einzulegen und zumindest die weitere Rückführung bis zur Überprüfung des Gesamtkonzeptes „zunächst zurückzustellen“. Clement erklärte gestern die Wahrnehmungen des Parteigenossen damit, daß der „vermutlich nicht intensiv genug dagewesen sei“. Er vertraue jedenfalls den Helfern vor Ort „mehr, als einem Bundestagsabgeordneten, der da eingeflogen ist“.