Bildungspolitik auf langer Bank

■ Scherfs „Sparkonzept“ fiel im Senat durch / Privatschulen als Sparschweine

Das Gerangel um die Schulpolitik geht weiter. Entgegen der ursprünglichen Terminplanung setzte der Senat am vergangenen Dienstag zwei Vorlagen von Bildungssenator Henning Scherf nach kurzer Beratung aus. Damit bleiben sowohl die Frage wie die Koalitionsvereinbarung zur Errichtung von zwei Gymnasien umgesetzt werden soll als auch die langfristige Schulplanung zunächst offen.

Die FDP hatte bemängelt, daß die Bildungsbehörde „organisatorische Hürden“ für den Aufbau der Gymnasien aufgegestellt habe. So seien der Raumbestand der möglichen Schulen und die regionale Schülerentwicklung nicht berücksichtigt worden, obwohl die Bildungsbehörde über entsprechende Daten verfüge.

Beim sogenannten „Gesamtkonzept Schulressourcen“ kam der Widerstand auch von Finanzsenator Volker Kröning. Im Kern geht es dabei um die Frage, wieviele Lehrerstellen bis zum Jahr 2.000 eingespart werden sollen. Auf die Rahmendaten hatte der Senat sich bereits am 28. April verständigt. Danach sollte die Schüler-Lehrer-Relation schrittwiese von 1 : 14,4 auf den Bundesdurchschnit von 1 : 16,7 steigen. Daß auch diese klare Vorgabe zu durchaus verschiedenen Ergebnissen führen kann, beweisen die Positionspapiere des Bildungs-und Finanzsenators. Während Scherf errechnet hat, daß auf der Basis der neuen Relation in acht Jahren 5.280 LehrerInnen benötigt werden, kommt Kröning zu einem ganz anderen Ergebnis: Nach seiner Rechnung werden von den derzeit 5.512 Stellen im Jahr 2000 nur noch 4.661 benötigt. Das heißt: Scherf will 232 LehrerInnen einsparen, Kröning 851.

Aus diesen unterschiedlichen Zielzahlen ergeben sich auch verschiedene Vorstellungen, wieviele LehrerInnen eingestellt werden dürfen. Die Zahl der „natürlichen Lehrerabgänge“ liegt bei 1420. Auf der Basis seiner Zahlen will der Bildungssenator bis zum Jahr 2000 1188 neue LehrerInnen einstellen. Der Finanzsenator gesteht Scherf derzeit aber nur 569 Stellen zu.

Bis zum Ende dieser Legislaturperiode werden sich examierte Referendarinnen nur in den seltensten Fällen Hoffnung auf einen Arbeitsplatz in Bremen machen können. Scherf möchte von 1993 bis 1995 138 Neubesetzungen, Kröning geht von 120 aus.

Außer der Lehrerplanung beschäftigt sich die 70seitiege Senatsvorlage aus dem Hause Scherf auch mit zahlreichen anderen Kostenfaktoren des Schulwesens. Das Ergebnis ist fast immer das gleiche: Bei der Bildung ist nicht mehr viel zu sparen. Im Gegenteil: Sowohl bei der Gebäudesanierung als auch bei den Lehr- und Lernmitteln stellt die Bildungsbehörde wegen der vergangenen Sparrunden einen erheblichen Nachholbedarf fest. So müssen nach Ansicht von Scherf die Mittel für Lernmittel von derzeit 10 Millionen bis zum Jahr 2000 auf 17 Millionen steigen. Und für Gebäudesanierung hat die Behörde gar eine Steigerung des Bedarfs von derzeit 40 Mio auf 75 Mio errechnet.

Auch bei den konsumptiven Kosten, von den Fahrtkosten über Klassenfahrtenzuschüsse bis zum Schulfrühstück sieht Scherf kaum Einsparmöglichkeiten. Lediglich bei den Zuschüssen für Privatschulen soll kräftig gestrichen werden. Die Begründung ist einfach: Wenn bei den öffentlichen Schulen gespart werde, müßten auch die Privaten an dieser Entwicklung beteiligt werden. Bislang trägt Bremen zwischen 69 Prozent (Primarbereich) und 55 Prozent (Sonderschulen) der Privatschulkosten. Zwar liegt Bremen nach Einschätzung der Behörde mit diesen Prozentsätzen bundesweit sowieso im Schlußfeld bei der Bezuschussung der Privaten, doch die Bildungsbehörde will noch einmal zehn Prozent (2,5 Mio) einsparen. Dazu müßte erst das Privatschulgesetz geändert werden, was mit der FDP kaum zu machen ist.

Ein ungedeckter Wechsel ist auch die Einnahmeerhöhung von drei Mio Mark, die sich Scherf von Verhandlungen mit Niedersachsen erhofft. Niedersachsen soll ein Gastschulgeld für die Eltern zahlen, deren Kinder in bremischen Spezial-Sonderschuzlen unterrichtet werden.

Im Ergebnis heißt Scherfs Botschaft im Klartext: Mit dem bislang veranschlagten Geld ist Schule nicht zu machen. Deshalb sollte der Senat den Finanzsenator bitten, die Eckwerte für 1993 und die Finanzplanung ab 1994 zu überprüfen. Nach der Aussetzung der Vorlage muß Scherf sich jetzt erst noch eimal im mit dem Finanzsenator abstimmen. hbk