BI's fangen Krach mit Grünen an

■ Niedersachsens Anti-Giftmüll-BI's werfen Grünen „Desinteresse“ vor

Die niedersächsische Landesregierung gerät wegen ihrer Giftmüllpolitik bei Bürgerinitiativen unter Druck. Sie kündigten eine „härtere Gangart“ gegen SPD und Grüne an. Die im Landesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (LBU) zusammengeschlossenen Anti-Giftmüll-Initiativen äußerten sich in einer Bilanz zwei Jahre nach dem Regierungswechsel enttäuscht und verbittert über die Müllpolitik. Es werde darüber nachgedacht, den Rücktritt der parteilosen Umweltministerin Monika Griefahn zu fordern.

Ein Umbruch in der Abfallpolitik hin zur Vermeidung und Verminderung von Giftmüll und einer offenen Information der betroffenen Bürger sei nicht in Sicht. SPD und Grüne, die in der Opposition vielfach mit den Bürgerinitiaven zusammengearbeitet hätten, offenbarten nun eine starke Nähe zu Interessen der Wirtschaft. Rot-Grün sei auf dem Weg zur Ausweitung der Hochtemperaturverbrennung von problematischen Sonderabfällen. Die Bürgerinitiativenstünden stünden deshalb nicht mehr als „Feigenblatt für eine verfehlte Giftmüllpolitik“ zur Verfügung.

Besonders enttäuscht sind die Initiativen von den Grünen. Dort vereinigten die für Umweltpolitik zuständige Abgeordnete Marion Schole und ihre Mitarbeiter „die fatale Kombination von Inkompetenz und Desinteresse“, meinte Michael Lorke für die Bürgerinitiative Hoheneggelsen. Die SPD habe vor vier Jahren die Deponie Hoheneggelsen als „chemische Zeitbombe“ bezeichnet und sich grundsätzlich gegen den privaten Betrieb von Giftmülldeponien ausgesprochen. Nun solle Hoheneggelsen zu einer tragenden Säule der Giftmüllentsorgung in Niedersachsen ausgebaut werden. Lorke empfahl der SPD, für Grundsatzbeschlüsse ein „Verfallsdatum“ anzugeben.

Auch die in Salzgitter von der Preussag AG geplante Pyrolyse- Anlage zur Müllverschwelung, die bei SPD und Grünen Zustimmung gefunden hat, liegt den Bürgerinitiativen schwer im Magen.

Als weiteres Negativ-Beispiel rot-grüner Giftmüllpolitik nannten die Initiativen die geplante Bromrecyclinganlage der Chemiefirma Riedel de Haen in Seelze bei Hannover. Diese Verbrennungsanlage solle ohne ausreichende Umweltverträglichkeitsprüfung genehmigt werden. Die Firma werde ohnehin nicht ausreichend kontrolliert.

Grüne: Kritik geht an falsche Adresse

Grünen-Vorstandssprecherin Gila Altmann wies die Vorwürfe der Bürgerinitiativen zurück und kritisierte zugleich Umweltministerin Monika Griefahn. Die Ministerin täte gut daran, endlich einen Vermeidungsplan für den Sondermüll vorzulegen, anstatt wiederholt den Bau eines Verbrennungsofens zu fordern.

Dem Sonderabfallkonzept des Ministerium könnten die Grünen erst zustimmen, wenn mit die versprochene Vermeidung und Verminderung von Giftmüll konkret dargelegt werde. Den Bürgerinitiativen empfahl Altmann, „ihren Frust“ an die richtige Adresse zu schicken. Dies sei der Koalitionspartner SPD, der zur Giftmüllverbrennung neige (“latent pyroman“), und der Bundesumweltminister, der abfallpolitisch vor sich hin dillettiere.

Aus Kreisen der Giftmüll-Bürgerinitiativen hieß es, das Verhältnis zur Regierungsfraktion der Grünen sei schwer gestört. Es gebe praktisch kaum noch Hoffnung, daß die Interessen der betroffenen Initiativen ernst genommen würden. Man sehe die Grünen, die einst aus Bürgerinitiativen entstanden seien, inzwischen kaum noch als Ansprechpartner. dpa