„Wir hoffen, daß der Grüne Punkt scheitert“

■ Naturschützer kritisieren Müllpolitik / Ruft BUND zum Boykott auf? / Bremer fordern Einsicht in die Verträge

Mit dem Geld des Dualen Systems Deutschland (DSD) aus dem Grünen Punkt soll in Bremen im Herbst die getrennte Müllsammlung beginnen. Der Bund Umwelt und Naturschutz (BUND) steht auf der Seite der Kritiker des DSD und erwägt einen Boykott-Aufruf. Bernd Langer ist als Referent des Bremer BUND zuständig für umwelttechnische Fragen.

taz: Die Bremer Umweltbehörde hat angekündigt, daß im Herbst das lange angekündigte getrennte Müll-Sammeln und Recyclen endlich beginnt. Dafür gibt es über den „Grünen Punkt“ auch Geld. Was ist daran schlecht?

Bernd Langer: Das muß man differenziert sehen. Wir kennen die Verträge nicht, die Bremen mit dem Dualen System Deutschland abgeschlossen hat. Wir haben gefordert, daß wir die einsehen dürfen, erst dann können wir uns eine konkrete Stellungnahme abgeben. Zum „Grünen Punkt“ insgesamt haben wir eine Reihe von Kritikpunkten. Der BUND Bonn hat zum Boykott aufgerufen.

Niedersachsen auch?

Niedersachsen geht einen etwas anderen Weg, momentan ist aber nicht geklärt, ob sich die Landesverbände des BUND an den Bundesverbands-Beschluß halten. In Niedersachsen wurde in Zusammenarbeit mit dem Umweltministerium Forderungen an die Verträge formuliert, die vom DSD bisher nicht akzeptiert werden.

Zum Beispiel?

Eine Forderung ist, daß die anderen Wertstoffe, die nicht unter Verpackung fallen, in demselben Sammelsystem erfaßt werden. Etwa Altpapier, Zeitungen...

In Bremen soll beides von den Recyclinghöfen gesammelt werden.

Das würde den Forderungen des BUND entsprechen, wenn es zum Recycling kommt. Für die Materialien, die keinen Grünen Punkt haben, wird es aber sehr schwer sein, Verwertungswege zu finden. Die Rohstoffindustrie hat mit den Quoten genügend zu tun. Was mit Druckerzeugnissen passiert, steht in den Sternen.

Warum hat der BUND in Bonn zum Boykott aufgerufen und was bedeutet das?

Die Bevölkerung soll aufgerufen werden, den gelben Sack nicht zu verwenden...

Dann wird mein Joghurt-Becher nicht recycled, sondern kommt in die Mülltonne und wird verbrannt...

oder deponiert. Aber der Boykott hat einen anderen Zweck. In der Verpackungsverordnung steht, daß der Einzelhandel die Verpackungen zurücknehmen muß.

Ich soll also meinen dreckigen Joghurt-Becher ins Geschäft zurück bringen.

Wie leere Flaschen auch. Einzelhandelsgeschäfte wären davon überfordert, dadurch erhofft sich der BUND einen Druck auf die Hersteller, Mehrwegverpackungen und leicht recyclebare Verpackungen zu verwenden.

Ist das als politischer Protest realistisch?

In der Verpackungsverordnung steht, daß 64 Prozent aller Verbund- und Kunststoff- Verpackungen eingesammelt und recycled werden müssen. Sämtliche Studien sagen, daß höchstens 20 Prozent recycled werden könnten. Darum helfen keine Recycling- Verordnungen, sondern nur Vermeidungs- Verordnungen. Darum soll der Boykott das DSD zum Scheitern bringen. Wenn das DSD die Quoten nicht schafft, sind neue Gesetze oder Verordnungen notwendig.

Wird der Bremer BUND auch zum Boykott aufrufen?

Das ist noch in der Diskussion. Es gibt bundesweit zwei verschiedene Meinungen, der bundesweite Arbeitskreis Abfall des BUND hat die Zentrale in Bonn aufgefordert, den Boykott-Aufruf noch einmal zu überdenken. Int.: Klaus Wolschner