Tiefflieger: Totgeburten bei Kühen

■ 30 Prozent Totgeburten in Tiefflieger-Gebieten / Bauer klagte erfolgreich

Wenn eine Kuh ihr Kalb tot zur Welt bringt, weil sie sich vor tieffliegenden Militärmaschinen erschreckt hat, steht dem Bauern Schadenersatz zu. Zu diesem Ergebnis kam die 2. Zivilkammer des Lüneburger Landgerichts in einem am Sonnabend veröffentlichten Urteil. Ausschlaggebend für das einen Bauern in einem derartigen Fall begünstigende Urteil war ein Gutachten der Medizinischen Hochschule Hannover. Danach ist ein ursächlicher Zusammenhang zwischen den Tiefflügen und der Totgeburt „mit sehr großer Wahrscheinlichkeit“ anzunehmen (AZ: 2 064/91).

Ein Gutachter der Medizinischen Hochschule hatte der Kammer auch ein Gutachten der Tierärztlichen Hochschule Hannover erläutert. Diese hatte im Auftrag des Bundesverteidigungsministeriums bei Tierversuchen festgestellt, daß durch Tiefflüge jede dritte Kuh ihr Kalb verliert. Die sonst übliche Abortrate betrage 1,5 bis drei Prozent. Die Bundesregierung hatte zunächst einen Zusammenhang zwischen den Tiefflügen und der Frügeburt bestritten, mußte sich dann aber vom Gutachter belehren lassen.

In dem verhandelten Fall ging das Gericht davon aus, daß Tiefflugübungen auf dem Truppenübungsplatz der Nato in Bergen-Hohne in der Nähe der Gedenkstätte des ehemaligen Konzentrationslagers Bergen — Belsen bei der Kuh eine Frühgeburt um sechs Wochen ausgelöst hatten, Das Kalb wurde tot geboren, Die Kuh wurde geschlachtet. Durch die Frühgeburt schoß die Milch nicht ein, und die Kuh wäre bis nach Ablauf der nächsten Trächtigkeit für ein Jahr trocken geblieben. Die Fütterugnskosten für dieses Jahr wären erheblich höher gewesen als der Mindererlös, der bei dem Verkauf des Tieres als Schlachtvieh erzielt werden konnte. In einem Vergleich bekam der Bauer 80 Prozent seines Schadens zugesprochen. Er hatte einen Anspruch von 3.226,26 Mark geltend gemacht.

Bislang hat nach Angaben einer Sprecherin des Gerichts noch kein Bauer einen solchen Prozeß gewonnen, weil weder die Kälber noch die betroffenen Rinder ausreichend untersucht worden waren, Deshalb hatten die Gerichte bisher argumentiert, daß zumindest das Vorliegen einer bakteriell bedingten Frühgeburt nicht ausgeschlossen werden konnte. dpa