Sport wird durch Dioxin erst richtig schön

■ Stadtverwaltung will mit dioxinhaltigem Kieselrot verseuchte Plätze zur Benutzung freigeben

Solingen (taz) — Solingens Stadtverwaltung will die Sperrung von zwei Sportplätzen aufheben, die mit der dioxinhaltigen Kieselrot- Schlacke aus Marsberg gedeckt sind. Lediglich Kinder unter drei Jahren sollten durch Warnschilder ferngehalten werden, weil sie die Schlacke beim Spielen auch verschlucken könnten. Hanjo Bergfeld, Vorsitzender der „Bürgerinitiative gegen Dioxonverseuchung“, kommentiert diese Absicht zynisch: „Dreijährige können prima lesen!“ Auch andere besorgte AnwohnerInnen protestieren gegen die Freigabe der Plätze und verlangen weitere Untersuchungen.

Keine erhöhten Dioxinwerte weist das Blut von 18 SolingerInnen auf, die auf den verseuchten Plätzen Sport getrieben hatten. Dies ergaben Untersuchungen des Hygieneinstituts in Gelsenkirchen, die Ende Juni veröffentlicht wurden. Die Stadtverwaltung schließt nach diesen ersten Ergebnissen auch eine künftige Gefährdung der SportlerInnen aus.

Die Solinger Bürgerinitiative kritisiert die Untersuchungsergebnisse als mangelhaft und fordert, die Sperrung aufrechtzuerhalten. Die Dioxinwerte der Probanden seien nicht ins Verhältnis zu deren Verweildauer auf den Sportplätzen gesetzt worden.

Diesen Mangel gesteht auch Ulrich Ewers vom Hygieneinstitut ein. Trotzdem habe er „keine Bedenken, daß da Sport getrieben wird“, denn alle Meßwerte lägen „im Bereich der Grundbelastung“ der BundesbürgerInnen mit Dioxin.

Das Hygieneinstitut wird in den nächsten Monaten das Blut einiger AnwohnerInnen untersuchen, die das Gift möglicherweise auch über die Nahrung aufgenommen haben. Sie hatten jahrelang Früchte aus ihren Gärten verzehrt, die unmittelbar neben einem der Sportplätze liegen.

Bis die Ergebnisse dieser Untersuchungen vorliegen, dürfen die Plätze „nicht vorschnell geöffnet werden“, verlangt Birgit Evertz von den Solinger Grünen. Sie sähe die verseuchten Flächen lieber mit Kunstrasen abgedeckt, wofür der Stadtrat vor Monaten 100.000 DM bewilligt habe. Henry Mathews