Lehrling in Gelb

■ Der Schweizer Alex Zülle übernahm auf der ersten Etappe die Führung bei der 79. Tour de France

Berlin (taz) — „Nur der Aperitif“ sei für Miguel Induráin die Übernahme des Gelben Trikots der 79. Tour de France schon beim Prolog gewesen, sagte dessen Mannschaftsleiter José Miguel Echávarri, und mit dieser kleinen Kostprobe gab sich der spanische Vorjahressieger erstmal zufrieden. Auf der ersten Etappe trat er die Führung im Gesamtklassement an den überglücklichen Schweizer Alex Zülle ab, der eigentlich „nur zum Lernen“ gekommen war und sich plötzlich als Spitzenreiter wiederfand. Schon beim Prolog hatte er den Sieg nur um zwei Sekunden verpaßt, nach Meinung seines Teamchefs Manuel Sáiz vor allem, weil er die ersten Kurven zu zaghaft genommen hatte: „Bei der Spanien-Rundfahrt ist er gestürzt, drum hat er sehr vorsichtig begonnen.“

Die Auftaktetappe, die 195 Kilometer rund um San Sebastian führte, ging Zülle erheblich kühner an, und eine Zeitgutschrift von sechs Sekunden im ersten Zwischensprint sicherte ihm das begehrte Hemdchen, daß er brav an seinen unglücklichen Mannschaftskollegen, den Veteranen Marino Lejarreta, weiterreichte, der nach einem schweren Sturz im Frühjahr seine Karriere beenden mußte. Etappensieger wurde der Franzose Dominique Arnould (Frankreich), der sich einen Kilometer vor dem Ziel allein abgesetzt hatte und den Vorsprung gerade noch ins Ziel retten konnte.

Die Favoriten ließen sich auf dieser Etappe, auf der mit dem Jaizkibel ein Berg der zweiten Kategorie zu bewältigen war, nicht in Schwierigkeiten bringen, lediglich Greg LeMond bekam Probleme, als er wegen eines Reifendefekts zeitweilig 30 Sekunden hinter Induráin, Bugno und Breukink zurückfiel. Der US-Amerikaner hatte Mühe, sich wieder heranzukämpfen, dennoch wird Breukink nicht müde, vor ihm zu warnen: „Man spricht derzeit viel zu wenig von LeMond. Wenn er gut ist, ist er der beste ,Tour-Mann‘, den ich kenne.“

Weit mehr Pech als LeMond hatte der 24jährige Kölner Marcel Wüst, dessen Tour-Debüt schon nach eineinhalb Tagen beendet war. Er stürzte bei der Abfahrt vom Jaizkibel und brach sich das Schlüsselbein.

Inzwischen hat die Tour das Baskenland, wo einige Bombenattentate der ETA für Aufsehen sorgten, verlassen und französischen Boden erreicht. Hier droht neues Ungemach: die Protestaktionen der Lastwagenfahrer gegen den neuen Punktekatalog. Die Veranstalter fürchten vor allem — scheinbar paradox bei einem Radrennen — Schwierigkeiten mit der Benzinversorgung. Schließlich werden die knapp 200 Radler bei der Tour von 1.500 Autos begleitet. Matti

Gesamtklassement: 1. Zülle 4:56:57 Stunden, 2. Arnould 2 Sekunden zurück, 3. Induráin 4, 4. Armand de las Cuevas (Frankreich) 15, 5. Gianni Bugno (Italien) 16, 6. Wjatschislaw Jekimow (GUS) 17...10. Gölz 22, 30. Heppner 35, 37. Ampler 40 Sekunden zurück, 80. Ludwig 6:17 Minuten, 84. Kummer 6:21, 86. Jentzsch 6:23, Bölts 6:46, 143. Krieger 8:09, 152. Gröne 8:18, 170. Boden 11:45, 175. Aldag 11:57, 177. Stumpf 12:02, 187. Kappes 12:13

1. Etappe (195 km) San Sebastian - San Sebastian: 1. Dominique Arnould (Frankreich) 4:37:39 Stunden (20 Sekunden Zeitgutschrift), 2. Johan Museeuw (Belgien), 3. Maximilian Sciandri (Italien), 4. Jesper Skibby (Dänemark), ...7. Rolf Gölz (Bad Schussenried), 10. Jens Heppner (Gera), 19. Miguel Induráin (Spanien), 22. Gianni Bugno (Italien), 28. Alex Zülle (Schweiz) alle gleiche Zeit