Um Haaresbreite

■ Ein paar Millimeter auf dem Korbrand brachten den deutschen Basketballern die Olympia-Qualifikation

Berlin (taz/dpa) — Die spannendsten Augenblicke für das deutsche Basketballteam kamen, als es sein Match gegen die CSFR schon längst mit 90:74 gewonnen hatte. Gebannt verfolgten die Spieler im Sportpalast „Principe Felipe“ die Partie der GUS gegen Slowenien, die über ihr olympisches Wohl und Wehe entschied. Ein Sieg der GUS würde den vierten Platz beim Qualifikationsturnier und damit die Teilnahme an den Olympischen Spielen bedeuten, bei einer Niederlage der Restbestände des ruhmreichen Sowjetteams, Olympiasieger von 1988 in Seoul, wären all die großen Leistungen in Spanien, wo 25 Mannschaften um vier Olympiatickets kämpften, die Triumphe gegen Kroatien, Italien, Israel und die CSFR, für die Katz gewesen.

Genau 1,8 Sekunden vor Schluß der umkämpften Partie blieb Bundestrainer Svetislav Pesic und seinen Spielern auf der Tribüne kollektiv das Herz stehen. Die GUS führte mit 84:82, als Sloweniens überragender Spieler Jure Zdovc, der bis dahin schon 33 Zähler erzielt hatte, zu einem Dreipunktewurf ansetzte. Der Ball prallte auf den Korbrand, tänzelte ein wenig auf dem Ring umher, entschied sich dann aber doch für die ihn paralysiert anstarrenden Deutschen und flog hinunter in die Hände des russischen NBA-Cracks Alexander Wolkow. Zum erstenmal in der Geschichte des deutschen Basketballs hatte sich die Nationalmannschaft regulär für ein olympisches Turnier qualifiziert, nachdem sie 1936 und 1972 als Gastgeber und 1984 in Los Angeles als Boykott-Profiteur mit von der Partie gewesen war.

„Das ist der glücklichste Tag meiner Karriere. Ich finde keine Worte“, stammelte Pesic, dem sein größter Coup gelungen war, als er den Detlef Schrempf von den Indiana Pacers zur Mitwirkung überreden konnte. Mit seiner Ruhe in kritischen Situationen, seiner enormen Rebound-Stärke, seiner Virtuosität, die die Zuschauer gelegentlich zu Ovationen hinriß und seiner Treffsicherheit war der NBA-Profi die Schlüsselfigur des deutschen Erfolges. Trotz nicht optimaler physischer Verfassung glänzte Schrempf als bester Rebounder des gesamten Turniers (14,0 — vor Litauens Sabonis/13,8) und zweitbester Korbschütze (24,3 — hinter Kroatiens Petrovic/25,1).

In elf Spielen gab es acht Siege, damit haben sich die bisher kaum ernstgenommenen deutschen Basketballer unter den europäischen Top-Teams etabliert und fahren zusammen mit Litauen und der GUS sowie Kroatien, die aus den ehemaligen Olympiasiegern UdSSR bzw. Jugoslawien hervorgegangen sind, nach Barcelona. „Viel schwerer als die besser als eine EM besetzte Qualifikation kann das Olympia- Turnier auch nicht werden“, hatte Pesic vor den Spielen in Murcia und Zaragoza prognostiziert, doch die mitternächtliche Auslosung der Gruppen jagte ihm dann doch einen gehörigen Schock in die Glieder. Mit dem für unschlagbar gehaltenen „Dream-Team“ der US-Profis, dem Medaillen-Kandidaten Kroatien und dem gastgebenden Auftaktgegner Spanien hat das Pesic-Team die weitaus schwerere Vorrundengruppe erwischt. Brasilien und Angola heißen die weiteren Gegner, die unbedingt geschlagen werden müssen, um den Einzug ins Viertelfinale zu schaffen. „Gegen die USA hat niemand eine Chance“, meinte Detlef Schrempf, „aber warum sollen wir nicht um die anderen Medaillen mitspielen?“ Matti

Olympia-Qualifikationsturnier der Amerika-Gruppe, Finale: USA - Venezuela 127:80; Spiel um Platz 3: Brasilien - Puerto Rico 93:91 (alle qualifiziert)

Gruppenauslosung für Barcelona:

Männer, Gruppe A: Spanien, USA, Kroatien, Brasilien, Deutschland, Angola

Gruppe B: Australien, Litauen, Venezuela, GUS, Puerto Rico, China

Frauen, Gruppe A: Kuba, GUS, Brasilien, Jugoslawien oder Italien

Gruppe B: USA, CSFR, China, Spanien

Ergebnisse: Litauen - Italien 100:87, Deutschland - CSFR 90:74, GUS - Slowenien 84:82, Kroatien - Israel 81:70; Abschlußtabelle: 1. Litauen 14 Punkte; 2. Kroatien 12; 3. GUS 12; 4. Deutschland 11; 5. Slowenien 10; 6. Italien 9; 7. CSFR 9; 8. Israel 7