Wie Milosevic loswerden?

■ Der neue jugoslawische Ministerpräsident Milan Panic als möglicher Trumpf

Wie Milosević loswerden? Der neue jugoslawische Ministerpräsident Milan Panić als möglicher Trumpf

Wie bei einem Kartenspiel wurde in Serbien ein Trumpf aus dem Ärmel gezogen, der die Gegenspieler überraschte. Milan Panić, US-amerikanischer Selfmademan und Großkapitalist, könnte mit seinem Amtsantritt als Ministerpräsident der aus Serbien und Montenegro gebildeten Föderativen Republik Jugoslawiens die serbische Position stärken. Mit seiner Erklärung, er werde aus dem „Piratenschiff ein Schiff des Friedens“ machen, beschrieb er jedenfalls nicht nur die Funktion, die ihm zugewiesen ist. Zwar soll er nach dem Willen der alten Führungen in Serbien-Montenegro das Land aus der Isolierung führen. Doch nur eine Karte unter anderen zu sein entspräche nicht seinem Charakter. Schon mit der Bestellung des Semi-Oppositionellen und nationalkonservativen Schriftstellers Cósić zum Präsidenten Restjugoslawiens war das serbische Blatt stärker geworden. Die Stiche durch beide Karten werden für den Ausgang des Spiels jedoch erst dann bedeutsam, wenn der serbische Präsident Milosević für den weiteren Verlauf des Spiels überflüssig wird. Beide Karten konnten jedoch nur mit seinem Einverständnis ins Spiel gelangen, das ist die Crux.

Panić wurde zwar auch als „Patriot“ in die Pflicht genommen, doch muß er, um die ihm zugewiesene Funktion zu erfüllen, glaubwürdig werden. Mit der Ankündigung baldiger, fairer Wahlen, mit dem Versprechen, für Pluralität in der serbischen Medienlandschaft zu sorgen, und mit dem Interesse, endlich eine Wirtschaftsreform in Gang zu setzen, hat er sich, zumindest nach außen hin, einige der Forderungen des Oppositionsbündnisses „DEMOS“ zu eigen gemacht. Mit der ihm in der Verfassung zustehenden Macht über die Verteidigung, die innere Sicherheit und auswärtigen Angelegenheiten wäre er durchaus in der Lage, Milosević, wenn nicht mit großem Knall, so doch peu à peu, zu verdrängen.

Daß der Oppositionspolitiker Vuk Drasković zur Beendigung der Demonstrationen in Belgrad aufgerufen hat, könnte ein Hinweis darauf sein, daß er Panić einige handfeste Versprechungen abringen konnte. Dagegen steht aber, daß die nichtkommunistische serbische Elite über die Frage der Entmachtung Milosević' gespalten ist. Ihr ist das Risiko eines Machtwechsels angesichts des Krieges in Kroatien und Bosnien-Herzegowina zu groß. Und auch die Nomenklatura, die in dem Kriegsverbrecher und Rechtsradikalen Seselj ihren Verbündeten hat, klammert sich angesichts ihres Untergangs an Milosević. In einem Land, in dem sich nur eine Minderheit vom traditionell nationalistischen Denken gelöst hat, ist aber jede politische Wendung der Akteure möglich. Milan Panić könnte die festgefahrenen Denkweisen durcheinanderwirbeln und die Gewichte verschieben. Hoffentlich sticht der Trumpf. Erich Rathfelder