Walesa will keine Premierministerin

Der polnische Staatschef lehnt ein Treffen mit Hanna Suchocka ab und setzt weiter auf Premier Pawlak  ■ Aus Warschau Klaus Bachmann

Hanna Suchocka, die Kandidation der „Achterkoalition“ für das Amt der polnischen Premierministerin, scheint dem politischen Geschmack Lech Walesas nicht zu entsprechen: Ein erstes Treffen mit der Verfassungsrechtlerin lehnte der Präsident ab. Grund: zu einem Gespräch mit ihr könne es erst kommen, wenn sie ein komplettes Kabinett mit Aussichten auf eine Mehrheit im Sejm sowie ein fertiges Programm vorlegen könne. Diese Mehrheit sei jedoch, so Präsidentensprecher Drzycimski, zur Zeit nicht in Sicht. Daher forderte Walesa Premier Pawlak auf, Interimsminister für die wichtigsten Ressorts zu ernennen, ganz so, als ginge er davon aus, daß es in absehbarer Zeit nicht zu einer Abwahl Pawlaks kommen werde.

In einer überraschend vom Pressebüro des Präsidenten veröffentlichten Mitteilung hieß es dazu unmißverständlich: „Polen muß effektiv regiert werden. Der gegenwärtige Regierungschef und die Regierung lösen die laufenden Probleme des Landes. Eine Destabilisierung infolge anhaltender Koalitionsgespräche, die keine konkreten Ergebnisse bringen, darf nicht zugelassen werden.“ Und auch Drzycimski stellte fest: „Vielleicht kommen alle zum Schluß, daß die Lösung mit Pawlak doch die bessere ist.“

Eine andere Sicht der Dinge verbreitete dagegen Jan Rulewski, der für die Gewerkschaft Solidarność den Unterhändler zwischen Parteien und Belvedere spielt. Er dementierte, daß Walesa Suchocka ablehne: „Der Vorschlag einer großen Koalition mit Frau Suchocka an der Spitze wurde von Walesa sehr warm aufgenommen.“

Unklarheit besteht in Warschau auch über die Haltung der Zentrumsallianz, die mehrmals die Verhandlungen abgebrochen hatte. Gestritten wird besonders über die Besetzung des Außenhandelsressorts, das das Zentrum gegen den Widerstand anderer Parteien gerne wieder mit dem bisherigen umstrittenen Außenhandelsminister Glapinski besetzen möchte. Eine Mehrheit, wenn auch nur eine knappe, ohne Zentrum wäre allerdings möglich, da die derzeitige Koalition auch auf die Stimmen der Solidarność, der deutschen Minderheit und zahlreicher kleinerer Gruppierungen rechnen könnte.

Wie bisher bekannt wurde, werden Außenminister Skubiszewski, Verteidigungsminister Onyszkiewicz und der Chef des Zentralen Planungsamtes, Jerzy Eyssmont, ihre Posten voraussichtlich behalten. Als neuer Finanzminister ist Jerzy Osiatynski (Demokratische Union) im Gespräch. Die Vizepremierposten sollen an Zentrum und Christnationale gehen. In Warschau wird erwartet, daß in den nächsten Tagen eine Sondersitzung des Parlaments zur Abwahl Pawlaks und der Wahl der neuen Regierung einberufen wird.