Danielle Mitterrand entkam Attentat

■ Autobombe auf Wagenkonvoi der französischen Präsidentengattin im Nordirak/ Vier Tote und neunzehn Verletzte/ Hintergrund unklar/ Neue Kurdische Regierung stellt ihr Programm vor

Genf/London/Bagdad (afp) — Die Ehefrau des französischen Staatschefs, Danielle Mitterrand, ist bei einem Besuch im kurdisch kontrollierten Nordirak nur knapp einem Attentat entgangen. Bei dem Anschlag durch eine Autobombe in der Nähe der Stadt Suleymanije seien aber mindestens vier Menschen ums Leben gekommen, hieß es bei der UNO in Genf sowie in Pariser Regierungskreisen. Die irakische Opposition in London sprach ebenfalls von vier Toten, außerdem von 19 Verletzten, unter ihnen eine deutsche Fernsehjournalistin. Die kurdische Widerstandsgruppe „Irakischer Nationalkongress“ in London erklärte, drei der Toten seien kurdische Leibwächter von Mitterrand gewesen, der vierte ein zehnjähriger Junge.

Danielle Mitterrand hält sich in ihrer Funktion als Vorsitzende der Menschenrechtsstiftung „Frances- Libertes“ im Nordirak auf, die sich seit Jahren aktiv für die Rechte der Kurden einsetzt. Das Attentat überschattet die Bekanntgabe des Programms der aus den kurdischen Wahlen im April hervorgegangenen kurdischen Regierung im Nordirak, die am Sonntag abend in Arbil unter Vorsitz von Ministerpräsident Fuad Massum zu ihrer ersten Sitzung zusammengetreten ist.

Ersten Informationen zufolge ereignete sich der Anschlag gestern gegen 8.45 Uhr Ortszeit auf der Straße zwischen Suleymanije und Hawana. Die Bombe war unter dem letzten Fahrzeug der Kolonne, in dem kurdische Leibwächter von Danielle Mitterrand saßen, angebracht. Der Wagen wurde in die Luft geschleudert, die vier Insassen getötet. Weder Mitterrand noch ihr Begleiter, der französische Minister für Gesundheit und humanitäre Aktion, Bernard Kouchner, wurden verletzt. Ein Bus, der der Kolonne entgegenkam, wurde von brennenden Teilen getroffen. Zahlreiche Fahrgäste wurden verletzt, drei von ihnen sollen in Lebensgefahr schweben. Frau Mitterrand war am Samstag im kurdischen Nordirak eingetroffen und am Sonntag vom neugebildeten kurdischen Parlament in Arbil sehr herzlich empfangen worden.

Am gleichen Tag stellte die neue kurdische Regierung unter Führung des 54 Jahre alten Philosophieprofessors Fuad Massum ihr Programm vor. Oberste Priorität sei es, die Wirtschaft wieder anzukurbeln, teilte Massum am Sonntag abend im Anschluß an die erste Regierungssitzung in Arbil mit. Das Ausland solle nur im äußersten Notfall um Hilfe gebeten werden. Ferner sollten im Parlament, das am Donnerstag zu seiner konstituierenden Sitzung zusammentritt, schnell Gesetze verabschiedet werden, um die Ordnung im Lande zu gewährleisten.

„Kurdistan ist ein sehr reiches Land und hat viele Rohstoffe“, sagte Massum. Er hoffe, daß die Fabriken bald wieder öffneten. Damit solle vielen Kurden im Nordirak und auch Teilen der Peschmerga, der kurdischen Guerilla, Arbeit gegeben werden. Die Regierung setze sich dafür ein, die übrigen Peschmerga zu einer großen Polizeieinheit zusammenzufassen, die auch die Grenzen kontrollieren solle. Die Regierung ging aus den ersten freien Wahlen im Nordirak hervor, die von der irakischen Führung in Bagdad für illegal erklärt worden waren.

Massum ist Mitglied des Politbüros der Patriotischen Union Kurdistans von Dschalal Talabani. Den Vorsitz des Parlaments führt Dschawler Namik, ein Mitglied des Politbüros der Demokratischen Partei Kurdistans von Massud Barsani. Je 50 der 105 Sitze im Parlament entfallen auf die Partei Barsanis und auf die Patriotische Union Kurdistans unter Talabani, die jetzt den Regierungschef stellt. Fünf Sitze wurden für die christlichen Parteien reserviert.

Die Regierung Massums, dessen Stellvertreter und Innenminister Roch Nuri der konkurrierenden Demokratischen Partei Kurdistans angehört, setzt sich aus 15 Mitgliedern zusammen. Darunter befindet sich eine Frau, Kafie Suleyman, die für die Betreuung der Kommunen und den Tourismus verantwortlich sein wird. Zum Kabinett gehört auch der „Peschmerga-Minister“ General Kemal Mufti. Die Bezeichnung Kriegs- oder Verteidigungsministerium wurde bei der Regierungsbildung vermieden.