HUB-Wahl ist Studis egal

■ Umfrage unter Studenten der Humboldt-Universität: Morgige Wahl des Uni-Präsidenten kaum bekannt/ Wunsch nach Unabhängigkeit vom Senat

Mitte. Den Studenten der Humboldt-Universität (HUB) scheint die morgige Wahl ihres Präsidenten gleichgültig zu sein. Das ist das Ergebnis einer gestrigen taz-Befragung. Morgen wird das Konzil der HUB zu entscheiden haben, wer künftig das höchste Amt bekleiden wird. Beworben haben sich neben dem amtierenden Rektor Adolf Zschunke außerdem Peter Glotz, Bundestagsabgeordneter der SPD, und Marlies Dürkop, hochschulpolitische Sprecherin der Fraktion Bündnis 90/Grüne im Berliner Abgeordnetenhaus.

So wie dem 23jährigen Germanistikstudenten Wolfram Krabjell ging es gestern fast allen Befragten: »Ich kenne keinen der Kandidaten.« Ina Beyer, 24jährige Studentin der Kulturwissenschaft, hält das Desinteresse ihrer Kommilitonen für verständlich. Angesichts der fachlichen Einstufungsverfahren, der sich die Professoren unterziehen müßten, hätten die Studenten andere Sorgen: »Wir fragen uns, wer von den alten Lehrkräften noch da sein wird, wenn wir im Oktober wieder an die Uni kommen.« Wie viele erwartet sie vom neuen Präsidenten, daß er sich den Fusionsplänen des Senats entgegenstellt und die »HUB eine Bereicherung für die vorhandene Wissenschaftslandschaft bleibt«.

»Für Utopien ist die Zeit vorbei«, meint hingegen Jana Hase, Slawistin im 2. Fachsemester. Wer auch immer gewählt werde, alles laufe »auf eine zukünftige Eliteuniversität hinaus — daran führt kein Weg vorbei«. Resigniert winkt auch Ralf Kretzschmar, der kurz vor seinem 1.Staatsexamen in Jura steht, ab: »Es lohnt nicht mehr, sich für Politik zu interessieren. Für die Kleinen bringt es doch keine Veränderung — das ist nicht anders an der Uni.«

Der 25jährige Ralph Kühn befürchtet, daß jeder Kandidat »nur der verlängerte Arm« des Wissenschaftssenators Manfred Erhardt (CDU) sein wird. Wie er glauben nur sehr wenige, daß der neue Präsident die Selbständigkeit der HUB wahren wird. Eine Ausnahme ist Lars Fischer (28), Student der Kulturwissenschaften. Er setzt auf Glotz: »Das ist — angesichts aller Kandidaten — die einzige Autorität, die sich gegenüber dem Senat durchsetzen könnte.« Zudem erhofft er sich von ihm mehr ausländische Professoren: »Wir brauchen weniger Deutsches und mehr Welt.«

Auch der Jurastudent Ronald Garken hält Glotz »für den einzig akzeptablen Kandidaten«. Er traue ihm zu, die Erneuerung »vehement voranzutreiben«. Die Arbeit der Rehabilitierungskommission und die Berufungen seien in seinem Fachbereich bisher »extrem chaotisch abgelaufen«.

Ingo Bach, Redakteur der Studentenzeitschrift Unaufgefordert, ist für Dürkop. Sie sei ein Garant dafür, daß die HUB ein »linkes Gegengewicht« zur TU und FU bleibe. Nach der Stimmungslage zu urteilen, glaube er jedoch, daß Glotz »das Rennen machen wird«. Allerdings setzt er darauf, daß Glotz bei seiner Ankündigung bleibt, bei einer eventuellen Wahl sein Bundestagsmandat behalten zu wollen: »Das wäre vielleicht ein Stolperstein.« sev