Geht's denn?

■ Früher ging's doch: Geht mehr zu Fuß!

So nah und doch so fern: Zusammenfassung eines Versuches, zu Fuß über die Kreuzung Am Dobben/Rembertiring zu gelangen. Für etwa 20 Meter Luftlinie gilt es, vier Ampeln, fünf Straßenbahnstränge und über zwei Minuten Wartezeit zu überwinden. Dasselbe Spiel einige Meter weiter an der Schwachhauser Heerstraße, und gleich ein ganzes Dutzend solcher Beispiele aufzuzählen, fiele nicht schwer.

Bremen ist nicht gerade fußgängerfreundlich; eine Erfahrung, die jede Tag für Tag machen oder in der Broschüre „Zu Fuß in Bremen“, einer vor kurzem erschienenen Studie des „Büros für Verkehrsökologie, herausgegeben von „Öko-Stadt e.V.“, nachlesen kann. Wie dem Dilemma abzuhelfen sein könnte und wo in Bremen das schon geschehen ist, ist ebenfalls zu erfahren.

Bislang wird FußgängerInnen meist nur der Platz zugestanden, der nach Berücksichtigung aller anderen Verkehrsarten — allen voran der Autoverkehr — übrig bleibt. Dabei haben FußgängerInnen kurze Bremswege, benötigen wenig Parkraum, sind nahezu unabhängig von Taktzeiten und verursachen kaum Abgase. Im Grunde könnte Gehen die Verwirklichung der individuellen Mobilität schlechthin sein, besonders da in Bremen die meisten zurückgelegten Wege ohnehin kürzer als drei Kilometer sind und damit durchaus im Bereich des ohne Training Erreichbaren liegen. Der Trend geht bundesweit dahin, daß immer weniger Wege zu Fuß zurückgelegt werden. In Bremen ist diese Entwicklung noch extremer zu beobachten; das liegt allerdings zum größten Teil am hohen Anteil des Fahrradverkehrs.

FußgängerInnen sind oft in Verkehrsunfälle verwickelt, müssen sich durch parkende Autos und Barrieren schlängeln, es fehlen Straßenüberungsmöglichkeiten, Ampelschaltungen sind fußgängerfeindlich, im Schul- und Wohnumfeld gibt es Sicherheitsdefizite. Gehen ist die langsamste Fortbewegungsart, und FußgängerInnen nehmen ihre Umgebung am genauesten wahr. Doch Räume, die FußgängerInnen vorbehalten sind, sind oftmals unübersichtlich und unwirtlich. Durch ihre Langsamkeit sind FußgängerInnen außerdem leichter angreifbar und können somit Opfer von Vergewaltigungen oder Raubüberfällen werden. Trotzdem müssen sie sich durch regelrechte Angsträume hindurchkämpfen. Werden Bereiche einmal fußgängerfreundlich gestaltet und laden zum Verweilen ein, dient das meist kommerziellen Zwecken (Beispiel Lloyd- Passage).

Eine fußgängerfreundliche Stadt ist praktizierter Umweltschutz: deshalb fordert die Studie eine Schwerpunktförderung des FußgängerInnen-Verkehrs — im Verbund mit ÖPNV und Radverkehr. Selbst wenn eine autofreie Innenstadt nicht verwirklicht werden könnte, wäre mit der Herabsetzung der Höchstgeschwindigkeit auf 30 km/h schon viel getan. Gehwege sollten attraktiv gemacht werden: ausreichend breit und auf den Hauptrouten hindernisfrei. Eine andere Pflasterung an Kreuzungen signalisiert den Vorrang der FußgängerInnen vor den Autos. Eine attraktive Anbindung an den ÖPNV erleichtert das Umsatteln auf Schusters Rappen, Bus und Bahn, und ein Gepäck- und Transportservice, der an zentralen Stellen der Stadt das Deponieren von schweren Taschen und Paketen und eventuell eine Zustellung ins Haus ermöglicht, käme auch den RadfahrerInnen zugute.

skai