SOMNAMBOULEVARD — IM HITZELOCH VON MICKY REMANN

Sommernächte! Du schaukelst stumm im Hirn herum wie ein Hitzeloch in der Hängematte. Hinter den geschlossenen Augen ist mal gerade so viel los wie im Fernsehen nach Sendeschluß, und noch im Traum bist Du zu schlaff, um eine Tsetsefliegenklatsche zu halten. Erhebt sich aus der dösenden Sülze endlich eine Fata Morgana, dauert es nicht lange, und es senken sich nocturne Sonnenstiche auf Kopf und Laken, die Dir alles wieder wegdörren.

Im Kampf zwischen Temperatur und Bewußtsein streckt das Gehirn alle Windungen von sich und träumt höchstens wie ein Kühlschrank mit Notstromversorgung. Oder wie eine undichte Thermosflasche, oder ein ermüdeter Hochtemperaturreaktor. Juliträume werden nicht mehr luzide entworfen, sondern nur noch drüsenmäßig abgeschwitzt, um im somnambulen Sommerloch zu landen.

Aber wie die Traumfrau an meiner Seite mir im Traum versichert, sind auch dies Momente mit eigener Gültigkeit, die wir, statt sie zu bejammern, feiern sollten wie ein Sonnwendfest. Mit Worten, die wie wüstenheiße Mikrowellen aus ihren Lippen strömend meine Ohren grillen, sagt sie: „Dieses Sommerloch ist eine Art Traumthermostat, um die innere Wunderhornproduktion aufs Maß der saisonalen Ereignislosigkeit zu reduzieren.

Wie oft wurde unser Horn von der Informationslawine kalt erwischt! Nun verpufft sie im Hitzestau. Die Überraschungsneuronen schmelzen wie Butter in der Sonne, alle Neugier gewährt sich hitzefrei, und nur das Stinknormale dünstet satt und siegreich in sich selbst.“ Mein Mikrowellenhirn hat eben noch mal 15 Grad zugelegt, so daß der Klartraum hinter den eigenen Schlieren fast verschwimmt und verschwindet, doch nach einer Weile schälen sich weitere Worte heraus. „Dies“, sagt die Frau, „ist die Zeit für ein Laisser-faire des Normalen. In gleichförmiger Rotation läuft sich das Normale heiß, um gegen mögliche Temperatureinbrüche des Wandels und der Neuerung gewappnet zu sein. Da etwas anderes zur Zeit aber sowieso nicht zu ertragen ist, kannst du die stehende Sommerlochhitze eigentlich auch genießen.“ Ob sie danach eine Pause gemacht hat, oder ob ich etwas verpaßt habe, weil ich mich in einen Heat-out hineingeträumt habe, kann ich nicht sagen, auf jeden Fall ist mir jetzt saharamäßig zumute, heiß und leer, so daß außer grisseligen Sanddünen von Horizont zu Horizont weit und breit nichts los ist im Space meiner bratenden Birne. Und wenn ich nicht aufpasse, steht selbst dieses Wenige in Gefahr, noch weggekocht zu werden.

Zur Bewußtseinsstabilisierung klarträume ich wohl am besten, ich sei eine Truppe von Kamelen, die mit mit zuen Augen durch die Wüste schlurfen. Ah! So ist's schon besser. „Nicht sehr einfallsreich, aber immerhin“, höre ich den Heißluftfön meiner Traumfrau wehen. Sie sagt, die Karawane werde eine Woche unterwegs sein bis zur nächsten Somnambul-Oase am Donnerstag. Wir machen uns auf den Weg. Sanft schwappen unsere Höcker in der Wüstenglut.