Winseln nach dem Sinn

„Hat das Tier eine Seele?“, Samstag, 11.Juli, 22.30Uhr, West3  ■ Von Hubert Hottner

All die Unterhaltungssüchtigen, denen die besinnlichen Fernsehworte am späten Samstag abend lieb und teuer sind, können sich morgen gleich auf eine doppelte Ladung Tiefsinn freuen.

Denn just wenn irgendein Pfarrer sein Wort zum Sonntag (wahrscheinlich wieder über Transzendenzerfahrung im Supermarkt oder ähnliches) hinter sich gebracht hat, heißt es umschalten.

In West3 wird dann 45 Minuten lang nicht nur etwas fürs eigene Seelenheil getan, sondern für das von Bello und Miezi obendrein. Hat das Tier eine Seele?, heißt es da ganz unumwunden. Und diese Frage meint Autor Claus-Ferdinand Siegfried völlig ernst.

Wohlgemerkt, es geht nicht darum, ob Vierbeiner ein Gefühlsleben haben oder das Schlachten auch für ein Schwein eine höchst unangenehme Angelegenheit ist. Es geht streng christlich ums Ganze, die „Seele“ mit all ihren metaphysischen Anhängseln. Kurzum: ums Ewige Leben. Daß uns etwas derartiges blüht, wird dabei mehr oder minder stillschweigend vorausgesetzt.

Kaum hat Siegfried mit drastischem Schnitt zwischen putzigen Hausgenossen und Schlachthofszenarien ordentlich ins Thema eingeführt, taucht er auch schon auf: uns Eugen Drewermann, der aus dem Nichts zum Medienstar emporgestiegene Anwalt für öffentlich-rechtliche Heilsfragen. Und so parliert der arg Gebeutelte mit unnachahmlicher Leidensmiene wieder einmal über das „Geheimnis des Lebens“, die „Mitte“, den „unergründlichen Rest“ etc. und meint doch nichts anderes als den schnöden Umstand, daß wir dummerweise um unsere begrenzte Haltbarkeit wissen, ohne einen blassen Schimmer von der „Entsorgung“ zu haben.

Sollten etwa auch Affen, Buckelwale und am Ende gar der gemeine Regenwurm von der leidigen „Sinnfrage“ gepeinigt werden? Obwohl der Film denkwürdige Statements von Tierpflegern, Jägern, Zoo-Direktoren und Wissenschaftlern einholt, Siegfried ist denn doch redlicher Journalist genug, um die Frage nicht endgültig zu beantworten, zumal Elefanten und Delphine zu diesem Thema partout nichts sagen wollen. Aber andererseits, auszuschließen ist's natürlich auch nicht.

Den Kirchen-Oberen müßte diese Vorstellung im Kampf gegen den Mitgliederschwund zumindest äußerst gelegen kommen. Wenn man schon Pferde hat kotzen sehen, warum dann nicht auch beten? Also ich für meinen Teil bin jedenfalls dafür, daß Bello auch in den Himmel kommt. Wenn auch nur aufgrund der schnöden Hoffnung, daß manche Halter angesichts des Umstands, für ihren besten Freund künftig nicht nur Hunde-, sondern auch noch Kirchensteuer abführen zu müssen, vom Kauf eines Vierbeiners Abstand nehmen könnten und unsereins nicht mehr ganz so häufig in die Scheiße latscht.